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Fußgänger haben Angst vor E-Rollern, Anbieter beklagt "Hetze"

Veröffentlicht am 18.07.2019 von Christian Hönicke

Und noch mal E-Tretroller: Meine Kollegin Patricia Wolf hatte Sie ja unlängst nach Ihren ersten Begegnungen gefragt (vor allem auf dem Gehweg). Hier ein paar Antworten:

  • „Leider sind meine Ängste wahr geworden. Ich bin 82 Jahre alt, in meiner Straße fuhren gleich drei Tretroller hintereinander auf dem Gehweg. Nun fahren Radfahrer und Tretroller auf dem Gehweg. In unserer Straße wohnen überwiegend alte Menschen, ich habe nur noch Angst, angefahren zu werden. Hier gibt es keine Kontrolleure, die uns schützen.“ (Rosemarie Tambach)
  • „Ich habe als Fußgänger jeden Tag mindestens einen E-Scooter-Fahrer auf dem Gehweg gesehen, viele davon waren mit zwei Leuten bestückt und die Roller sind auch auf so stark befahrenen Straßen wie der Schönhauser Allee in unangemessenem Tempo gefahren worden. Ich begrüße den Vorschlag, höhere Strafen einzufordern.“ (Meike Scheuren)
  • „Ich arbeite in Mitte und hier schießen die E-Scooter wie Pilze aus dem Boden. Nicht alle Fahrer halten sich an die Regeln, ich habe bereits so einige Roller auf den Bürgersteigen fahren sehen. Das sah sehr gefährlich aus.“ (Thomas Moormann)
  • „Selbstverständlich habe ich als Schwerbehinderte mit dem Merkzeichen G Angst vor diesem neuen Geschäftsmodell. Diese Rücksichtslosigkeit nervt einfach.“ (Christine Feller)
  • „Ich gehe mit meinem Hund dreimal täglich durch die Gneiststraße und unseren Bezirk. Durch die sanierten glatten Bürgersteige und das Kopfsteinpflaster nutzen 90 Prozent der Radfahrer den Gehweg, und neuerdings machen das die E-Roller genauso – mit einer oder zwei Personen auf dem Roller.“ (Burky Eggert)
  • „Es gibt schon die vielen, vielen Fahrräder auf dem Gehweg. Wehe, ein Fußgänger tritt auch nur mal einen Zentimeter zur Seite – dann ist er erfasst. Jetzt kommen die E-Roller hinzu. Ich halte diese Situationen für unerträglich. Armer Fußgänger, ohne Rechte – nirgendwo kann er entspannt laufen. So denke nicht nur ich, traurige Entwicklung.“ (Dagi Karg)
  • „Ich ärgere mich über die Hetze und den Aufruf an uns, damit du alles Negative sammeln kannst. Wir beklagen 3265 tote Menschen im Straßenverkehr, überwiegend von KfZ. Da ist unser Problem, nicht Sharing-Roller.“ (Daniel Hinkeldein vom Anbieter TIER)

Letzteres sieht die Polizei Berlin anders. Bei ersten Schwerpunktkontrollen stellte sie vor allem in Mitte Verstöße im Minutentakt fest, alle 21 gestoppte Fahrer hatten den Gehweg benutzt. Das Grundproblem laut Einschätzung der Polizei: Die Fahrer sind häufig junge Touristen, die die Regeln in Deutschland nicht kennen. Selbst Lars Zemke, Vorstand des Bundesverbands Elektrokleinstfahrzeuge, kann sich deshalb höhere Strafen vorstellen. Bisher kostet das Gehwegfahren nur ein Bußgeld von 15 Euro.

P.S. Nach der Erstveröffentlichung des Artikels meldete sich Hinkeldein von TIER noch einmal und erklärte: „Ich spreche für mich, und der Sprecher der Firma TIER spricht für die Firma.“ Seine persönliche Meinung sehe so aus: „Statt jetzt bewusst die Problemhypnose auf Tretroller zu schüren und auf die Interaktion unter nichtmotorisierten Verkehrsteilnehmern, würde ich mich freuen, wenn Sie hülfen, das große Problem zu betrachten: Autos. Tödlich für uns Radler. Uns Fußgänger. Uns Alte. Uns Rollernde. Wir leben immer noch in Städten für Autos, statt für Menschen. Es tut weh, wie wenig gesehen wird, dass Tretrollersharing ein wesentlicher Betrag zur Verkehrswende ist.“