Namen & Neues
Klage abgewiesen – Coronaheim für Geflüchtete ist eröffnet
Veröffentlicht am 15.04.2020 von Caspar Schwietering
Das Land Berlin kann im ehemaligen Tempohome in der Elisabeth-Aue in Französisch-Buchholz mit dem Coronavirus infizierte Geflüchtete unterbringen. Das hat das Verwaltungsgericht Berlin in einem Eilverfahren entschieden (VG 14 L 47/20).
Die Sozialverwaltung hat dort am Dienstag eine zentrale Quarantäne-Station für Geflüchtete eröffnet, die ansonsten in Gemeinschaftsunterkünften wohnen. So soll das Infektionsrisiko verringert werden. Dagegen hatte ein Anwohner geklagt. Er sah in der Quarantäne-Einrichtung einen Angriff auf seine körperliche Unversehrtheit. Das Gericht folgte dieser Argumentation nicht. Es sei nicht ersichtlich, dass die Einrichtung sein Risiko, an der Krankheit Covid-19 zu erkranken, nennenswert erhöhe, teilten die Richter mit. Für sogenannte „Coronawolken“, die durch die Ansammlung von vielen Infizierten entstünden und als Aerosol über den Nahbereich hinaus getragen würden, sah das Gericht keine wissenschaftlichen Erkenntnisse. Vielmehr sinke das Infektionsrisiko laut Robert-Koch-Institut schon durch einen Abstand von anderthalb Metern rapide.
Die Entscheidung ist eine Niederlage für die AfD. Die Partei hat auf Facebook eine Kampagne gegen die Quarantäne-Unterkunft gestartet und vor einem „Coronahotspot“ in Französisch-Buchholz gewarnt. Der klagende Anwohner wurde vor Gericht zudem von Michael Adam vertreten, dem Vorsitzenden der AfD Pankow. Ob sein Mandat nach der doch deutlichen Eil-Entscheidung des Verwaltungsgerichts weitere Rechtsmittel einlegen will, wollte Adam am Mittwochabend nicht sagen.
Die ersten Bewohner*innen sind eingezogen. In der Einrichtung wohnen nach Angaben der Senatsverwaltung für Soziales momentan zwei mit dem Coronavirus infizierte Geflüchtete. Die Anlage soll nun nach und nach belegt werden. Bis zu 300 Menschen finden hier Platz.
Die ehemaligen Tempohomes sind gut für die Quarantäne geeignet. Denn die Einzelapartments verfügen über einen eigenen Sanitärbereich und eine eigene Küche. Die Hygienestandards der Gesundheitsverwaltung sind damit erfüllt. Die Bewohner*innen werden durch den Betreiber mit Essen versorgt. Sie dürfen die Anlage nicht verlassen. Es gibt rund um die Uhr einen Wachschutz. Die gesundheitliche Betreuung der Bewohner*innen wird vom Pankower Amtsarzt überwacht. Dass die Einrichtung nun in Betrieb ging, liegt daran, dass inzwischen ausreichend Schutzmaterial für die Bewohner*innen und das Personal vorhanden ist.
Bei der Quarantäne-Einrichtung für Wohnungslose gibt es keinen Fortschritt. Die geplante Sammelunterkunft für mit dem Coronavirus infizierte Obdachlose in der Storkower Straße hat die Sozialverwaltung des Senats dagegen verworfen. An dem Standort könnten die Hygiene-Standards nicht erfüllt werden, teilte ein Sprecher am Donnerstagnachmittag dem Tagesspiegel mit. Nun wird in ganz Berlin nach einem neuen Standort gesucht. In der Storkower Straße könnte aber für die Dauer der Corona-Pandemie ein zweites Wohnheim für Wohnungslose entstehen.
Text: Caspar Schwietering,
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Diesen Text haben wir dem neuen Tagesspiegel-Newsletter für Berlin-Pankow entnommen. Den gibt es in voller Länge und kostenlos hier: leute.tagesspiegel.de
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