Namen & Neues

Nachverdichtung: Lompscher lehnt Baustopp ab

Veröffentlicht am 07.05.2020 von Christian Hönicke

Ein berlinweites Bündnis hat in einem Offenen Brief an Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) gegen die Nachverdichtung in ihren Wohnanlagen protestiert. Dazu haben sich elf Initiativen zusammengeschlossen, unter dem Namen „Vereinigte Berliner Bürgerinitiativen für den Erhalt von Grünflächen in bestehenden Wohnquartieren bei Nachverdichtung“. Sie protestieren gegen die Pläne des Senats, Wohnraum durch Nachverdichtungsbauten in landeseigenen Nachkriegswohnsiedlungen zu schaffen.

Der „Stadtentwicklungsplan 2030“ hat die Nachverdichtung in mehr als 30 Wohnsiedlungen ab dem Baujahr 1949 zur Methode erklärt. Allein 23 000 Wohnungen sollen so geschaffen werden, darunter in Gropiusstadt, im Märkischen Viertel und im Hochhausquartier an der Heinrich-Heine-Straße in Mitte.

Die Initativen kritisieren, dass die Anwohner nun den Preis für die verfehlte Landespolitik zahlen sollen, nachdem in den vergangenen Jahrzehnten der kommunale Wohnungsbestand großflächig verkauft wurde. „Die Menschen, denen nun Nachverdichtungsvorhaben in Form von Betonwänden, im wahrsten Sinn des Wortes vor die Nase gesetzt werden, sollen für das Versagen der Nachwende-Politik einstehen“, sagt Ulrich Weller von der Iniative „Grüner Kiez Pankow“. „Das ist erbärmlich und lächerlich.“

Die Initiative „Grüner Kiez Pankow“ hatte sich vor einem Jahr gegründet, um die Bebauung des grünen Innenhofs der Gesobau-Wohnanlage am Schlosspark Schönhausen mit 170 Wohnungen zu verhindern. Auf der Suche nach Gleichgesinnten kam sie mit der Initiative „Rettet den Ilse-Kiez“ aus Karlshorst in Kontakt. „Dort ist die Lage sehr vergleichbar, eine 50er-Jahre Siedlung und für die Grünflächen zwischen den Häusern sind Neubauten geplant“, erklärt Weller. Im Ilse-Kiez führte der Protest bereits zum Erfolg: Im Juni 2019 erwirkten die Anwohner eine dreijährige Veränderungssperre erwirkt, die Baupläne der HOWOGE sind vorläufig hinfällig.

Aus dem Duo ist inzwischen ein Netzwerk geworden, das elf Bürgerinitiativen, Vereine und Initiativen umfasst. Sie treffen sich regelmäßig zum Erfahrungsaustausch, planen gemeinsame Auftritte auf Parteitagen und verfassen regelmäßig Briefe an die zuständigen Politiker auf Landesebene. Ihr Ziel ist es, die Grünflächen und Spielplätze zu erhalten, dabei berufen sie sich unter anderem auf den Klimaschutz. „Diese Nachverdichtungen richten einen irreparablen Schaden an, der nicht so leicht rückgängig zu machen ist“, so Weller.

Bereits mehrfach hat sich das Bündnis an die Stadtentwicklungssenatorin gewandt. „In unseren Siedlungen ist die Stadt sinnvoll und fertig geplant“, teilt man Lompscher per Brief mit. „Die Grünflächen wurden als Erholungsflächen und Orte des sozialen Miteinanders bewusst angelegt. (…) Die Erhaltung von Grünflächen mit Baumbeständen sollte der wichtigste, natürlichste und am einfachsten umzusetzende Beitrag für eine nachhaltige und ökologisch sinnvolle Stadtplanung sein. (…) Wir fordern: Stoppen Sie die derzeit geplanten Projekte extremer, unsozialer und ungesunder Nachverdichtung!“

Doch die Senatorin winkt ab. Ein Baustopp sei nicht angedacht, teilt uns Lompscher auf Nachfrage mit. „Für die Aussetzung von erteilten Baugenehmigungen oder den Stopp laufender Wohnungsbauvorhaben besteht inhaltlich kein Grund.“ Die Nachverdichtungsvorhaben seien das Ergebnis „langer Prozesse und haben selbstverständlich Beteiligungsverfahren durchlaufen“. Die Schaffung von zusätzlichem, insbesondere leistbarem Wohnraum mit Bürgerbeteiligung „ist und bleibt ein essentieller Bestandteil der Berliner Stadtentwicklungspolitik“.

– Text: Christian Hönicke
+++
Diesen Text haben wir dem neuen Tagesspiegel-Newsletter für Berlin-Pankow entnommen. Den gibt es in voller Länge und kostenlos hier: leute.tagesspiegel.de

Mehr Themen aus dem Pankow-Newsletter:

  • Schulöffnung: Eltern und Stadtrat kritisieren Senat – und fordern ein Konzept
  • Nächste Lockerungsrunde: Das ist ab sofort erlaubt
  • Als die Schule explodierte: Wie ein Sechsjähriger in Prenzlauer Berg das Kriegsende erlebte
  • Trotz Besucherandrang: Keine Corona-Schilder für Pankows Parks
  • Nachverdichtung: Lompscher lehnt Baustopp ab
  • Breite Straße: ADFC kritisiert gefährliche Rad-Ampel
  • Klarer Himmel über Pankow: Leiser Abschied von Tegel
  • Scheeres fordert Kinderschutzkonzept für Ballettschule
  • Kunstfestival findet online statt
  • Jahn-Stadion: Lompscher kündigt Bürgerbeteiligung an

Den Pankow-Newsletter vom Tagesspiegel gibt es in voller Länge und kostenlos hier: leute.tagesspiegel.de