Namen & Neues

Mietsteigerung: Hebammen kämpfen gegen Investor

Veröffentlicht am 20.08.2020 von Christian Hönicke

Das Geburtshaus „Maja“ in Prenzlauer Berg kämpft gegen die Verdrängung. „Wir fürchten die Schließung eines der ältesten Geburtshäuser Deutschlands zum Jahresende“, teilt Geschäftsleiterin Vanessa Böhm mit. Im März 2020 habe man vom Verkauf des Hauses Schönfließer Straße 13/Paul-Robeson-Straße 38 am Arnimplatz an einen Investor erfahren. Im Erdgeschoss des Mietshauses in Prenzlauer Berg befindet sich seit 1992 das Geburtshaus Maja. „Auf den Eigentümerwechsel folgte umgehend die Kündigung der Gewerberäume zum 31. Dezember 2020“, so Böhm.

Der neue Eigentümer Aramid Immobilien aus München fordere stattdessen ab 2021 eine „nahezu 100-prozentige Mietsteigerung“ samt jährlicher Staffelmiete von drei Prozent. Das zeige klar, „dass an einem langfristigen Fortbestehen des Geburtshauses kein Interesse besteht“. Die Einnahmen eines Geburtshauses sind durch die Gebührenverordnung der Krankenkassen festgelegt und ließen sich nicht steigern.

Die Verdrängung von sozialer Infrastruktur ist gerade in dicht besiedelten Innenstadtbereichen wie Prenzlauer Berg oder Kreuzberg ein großes Problem. Oftmals befinden sich für die Bewohner wichtige Einrichtungen wie Arztpraxen in den Erdgeschossen mehrstöckiger Wohnhäuser. Diese Gewerbeeinheiten unterliegen jedoch nicht dem strengen Mietrecht wie Wohnungen. Da sie auch nicht vom Berliner Mietendeckel erfasst werden, bieten sie den Eigentümern derzeit die aussichtsreichste Möglichkeit zur Renditesteigerung. Eine Verschärfung des Gewerbemietrechts wäre Sache des Bundes; eine Bundesratsinitiative des Landes Berlin brachte hier bisher jedoch keine Bewegung.

Die Hebammen haben daher nun auf eigene Faust die Kampagne #MAJAbleibt gestartet. „Wir wollen nicht, dass unsere Geburtsräume den Interessen Einzelner und der Profitmaximierung zum Opfer fallen“, sagt Vanessa Böhm. Sie wollen am 3. September um 18 Uhr vor dem Geburtshaus eine Protestkundgebung veranstalten. „Wir fordern Aramid Immobilien auf, den Erhalt der Räumlichkeiten durch eine finanzierbare Mietvertragsverlängerung zu sichern und eine langfristige Perspektive für das Geburtshaus Maja zu schaffen“, so Böhm.

Gemeinsam mit den Bewohnern des Hauses habe man beim Bezirksamt Pankow wegen der Ausübung des Vorkaufsrechts angefragt. Das sei im Stadtentwicklungsamt jedoch „aufgrund von personellen Engpässen“ abgelehnt worden. Zumindest mit Worten kämpft der eigentlich unzuständige Bezirksbürgermeister Sören Benn (Linke) für den Erhalt des Geburtshauses: „Betongoldinteressen bedrohen auch hier diesen wertvollen Raum der Sorge“, teilte er auf Twitter mit. „Politischer Support ist hier wichtig und richtig.“ Aber ob goldene Worte betongoldvernarrten Investoren wirklich reichen? – Text: Christian Hönicke

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