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Gleimstraße: Umwandlung zur Fahrradstraße weiter unklar

Veröffentlicht am 14.01.2021 von Christian Hönicke

Das Gezerre um die Umwandlung der Gleimstraße in Prenzlauer Berg zur Fahrradstraße geht weiter. Der Bezirk beabsichtigt seit längerem, sie in einem Zug mit der anschließenden Stargarder Straße umzuwidmen. Doch nun teilt die Senatsverkehrsverwaltung Überraschendes mit. Denn sie findet, die Gleimstraße ist bereits ziemlich radfreundlich: „Aufgrund der bestehenden Geschwindigkeitsreduzierung ist die Gleimstraße bereits aktuell eine relativ komfortable und verkehrssichere Radwegeverbindung.“ Dies geht aus einer Antwort der Verwaltung auf eine Schriftliche Anfrage des CDU-Abgeordneten Stephan Lenz hervor. Verkehrsstaatssekretär Ingmar Streese verweist auf das bestehende Limit von Tempo 30 in der Gleimstraße.

Dem widerspricht die Anwohnerinitiative „Gleimviertel für alle“ deutlich. Sie fordert ein klares Bekenntnis zur Radstraße von der Senatsverkehrsverwaltung. Mehr noch: Die Gleimstraße und das gesamte Viertel sollen verkehrsberuhigt werden. „Anders als Herr Streese empfinden wir die Gleimstraße zur Zeit nicht als sicher für Fahrradfahrer“, erklärt Anwohner Sören Bergmann. Man wolle, „dass den Ankündigungen zur Stärkung des Umweltverbundes handfeste Taten folgen und die Ost-West-Fahrradroute Stargarder Straße-Gleimstraße-Rügener Straße für Fahrradfahrer sicher und komfortabel sind“.

Die Gleimstraße bildet gemeinsam mit der Rügener Straße auf der westlichen Seite des Gleimtunnels eine übergeordnete (also wichtige) Auto-Verkehrsverbindung. Dennoch will Pankows Bezirksamt sie zur Radstraße umwidmen. Die Gleimstraße sei schließlich „auch ein Teilabschnitt der Fahrrad-Tagentialroute 2“, erklärte Bezirksstadtrat Vollrad Kuhn (Grüne). „Damit erfüllt der Teilabschnitt für den überbezirklichen Radverkehr eine mindestens ebenso wichtige Verbindungsfunktion wie für den Kfz-Verkehr.“ [Der Text stammt aus dem aktuellen Pankow-Newsletter. Den können Sie hier kostenlos bestellen: leute.tagesspiegel.de]

Das Berliner Mobilitätsgesetz sehe die Förderung der Verkehrsmittel des Umweltverbundes vor. „Daher verfolgt der Bezirk Pankow weiterhin das Ziel, im Zuge der Gleimstraße eine Fahrradstraße einzurichten und bei der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz einen entsprechenden Antrag für die Entlassung der Gleimstraße aus dem übergeordneten Straßennetz einzureichen“, so Kuhn.

„Voraussetzung für die Einrichtung einer Fahrradstraße ist die Herausnahme der Gleimstraße aus dem übergeordneten Straßennetz von Berlin“, bestätigt Staatssekretär Streese. Allerdings müsse der Bezirk als Antragsteller dafür einige aufwendige verkehrstechnische Nachweise erbringen, erläutert Kuhn. So sind die verkehrlichen Folgewirkungen einer Entlassung aus dem übergeordneten Straßennetz“ darzulegen. Die dazu erforderlichen Verkehrserhebungen seien Ende Oktober 2020 durch die Verkehrsverwaltung durchgeführt worden.

Die Ergebnisse würden nun ausgewertet, so Kuhn. Angesichts des großen Umfangs der Auswertung sei aber noch keine Aussage über einen Abschluss der Untersuchung möglich. Erst nach dieser Untersuchung kann laut Verkehrsverwaltung „die Entscheidung über einen Verbleib im übergeordneten Straßennetz von Berlin oder die Abstufung der Gleimstraße und damit Übergabe der Zuständigkeit an das Bezirksamt Pankow von Berlin getroffen werden“.

Dabei zeichnet sich ab, dass die Verkehrsverwaltung insbesondere dem Autoverkehr von und zum angrenzenden Jahn-Sportpark und der Schmeling-Halle und der bestehenden Verbindung nach Gesundbrunnen durch den Gleimtunnel einiges Gewicht bei der Entscheidung einräumen wird. Streese: „Bei Einrichtung einer Fahrradstraße in der Gleimstraße entstehen unterschiedliche Betroffenheiten (z.B. Anliegerverkehr, Veranstaltungsverkehr), welche i.S. des § 45 Abs. 9Satz 1 StVO bewertet und abgewogen werden müssen.“

Die Sperrung des Gleimtunnels 2019 habe gezeigt, „dass es möglich ist, den Durchgangsverkehr ohne Probleme herauszunehmen“, sagt Anwohner Bergmann dazu. „Und auch die Gastronomen und der Betreiber der Max-Schmeling-Halle, die wir befragt haben, haben in diesem Jahr keine Umsatzeinbußen feststellen können.“

Deshalb will die Initiative eine generelle Verkehrsberuhigung des Gleimviertels erreichen. Man wolle, „dass Pkw aus anderen Kiezen die Gleimstraße nicht mehr zum Durchfahren nutzen – auch dies wird mit der Einrichtung der Fahrradstraße erreicht.“ Die Betreiber und der Senat sollten den Veranstaltungsverkehr nicht schützen oder gar fördern, sondern müssten „aktiv Maßnahmen einleiten“, um ihn zu verringern. Dadurch komme es nämlich regelmäßig „zu chaotischen Situationen“ im Viertel, so Bergmann: „Ein Wohngebiet ist kein Besucherparkplatz für eine Veranstaltungshalle.“

Darüber hinaus fordert die Initiative für die Gleimstraße weiterreichende Maßnahmen. So solle „mehr Platz für entsiegelte Flächen, Grünanlagen, öffentliche Aufenthaltsorte und Bänke sowie Halteflächen für den Lieferverkehr“ bereitgestellt werden. Die Straße sei „das Herz unseres Kiezes“ und solle mehr sein als eine Durchfahrtsstraße und ein großer Parkplatz. Bergmann verweist auf die Grundschule am Falkplatz, diverse Kitas und Gastronomie direkt an der Straße. „Alle Anwohner, Schüler und Kitakinder wollen die Straße sicher und komfortabel nutzen können.“ – Text: Christian Hönicke

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