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"Karow Süd": Bezirksverordnete wehren sich gegen "übergriffigen" Senat

Veröffentlicht am 02.09.2021 von Christian Hönicke

Mit großer Mehrheit hat sich die Bezirksverordnetenversammlung gegen das Vorgehen des Landes in der Rahmenplanung „Karow Süd“ positioniert. Diese hatte das Planungsverfahren wie berichtet unlängst an sich gezogen. Kritik daran hatten die meisten Parteien bereits vergangene Woche hier im Newsletter geäußert.

Nun gibt die BVV auch höchst offiziell Contra. Sie beschloss am Mittwoch einen Dringlichkeitsantrag, den die CDU eingebracht hatte. Das Bezirksamt soll demnach gegenüber der Senatsverwaltung deutlich machen, dass es die entsprechenden Bebauungsplanverfahren „in eigener Zuständigkeit“ bearbeitet will. Außerdem soll der Bezirk sich „mit Nachdruck“ dafür einsetzen, dass in jedem Fall die „Forderungen der Anwohner und der BVV berücksichtigt werden und eine aktive und ehrliche Einbeziehung der Anwohnerschaft erfolgt“. [Der Text stammt aus dem aktuellen Pankow-Newsletter. Den können Sie hier kostenlos bestellen: leute.tagesspiegel.de]

Die BVV fordert wie berichtet eine Reduzierung des Bauvolumens (bisher: 3.000 Wohnungen), mehr Abstand zu bestehenden Wohnvierteln und die Lösung der gravierenden Verkehrsprobleme im Raum Karow vor dem Baustart. Diese Ziele sieht die BVV nun akut gefährdet. Das ihm vorliegende Schreiben von Bausenator Sebastian Scheel (Linke) jedenfalls „klingt überhaupt nicht danach, als würde man eine ehrliche Partizipation verfolgen und die Einwände berücksichtigen“, fand CDU-Fraktionschef Johannes Kraft. „Es klingt eher danach, als wolle man jetzt schnell machen und Tatsachen schaffen.“

Die Planungshoheit müsse im Bezirk bleiben, forderte Kraft weiter, sonst passiere in der Senatsverwaltung „etwas, was überhaupt nichts mit unserem Beschluss zu tun hat. Wir sollten versuchen, die Bebauungsplanverfahren wieder zurückzuholen. Nur dann kann man den angesprochenen Anliegen wirklich Rechnung tragen.“ AfD-Fraktionschef Stephan Wirtensohn sprach gar von einem „Skandal“ und „Versagen“ des zuständigen Bezirksstadtrats Vollrad Kuhn (Grüne), der dem Senat bereitwillig den Zugriff auf das wichtige Pankower Projekt gewährt habe.

Als „übergriffiges“ Verhalten kritisierte dagegen die SPD insbesondere das Vorgehen des Senats. Das „landesweite Interesse“ an „Karow Süd“ sei nur vorgeschoben, da die Bauziele nicht gefährdet seien. „Wenn das Projekt im Bezirk bleibt, werden vielleicht ein paar Wohnungen weniger gebaut und etwas niedriger, aber sonst passiert nichts“, sagte SPD-Fraktionschef Roland Schröder. „Das ist wieder mal ein strategischer, politischer Eingriff, der in einem Flächenstaat völlig undenkbar wäre.“

Schröder regte einen generellen Widerstand des Bezirks gegen die rabiate Vorgehensweise auf Landesebene an. Ein ähnliches Gerangel gibt es aktuell um den von der BVV ausgerufenen „Klimaschutz-Baustopp“ am Schlosspark Schönhausen, den das Land nicht akzeptieren will. Auch hier hatte Scheel zumindest geprüft, das Verfahren an sich zu ziehen. „Der Senat nimmt uns einfach die Bebauungspläne weg, um auch noch die kleinsten Details zu bestimmen“, sagte Schröder. In Brandenburg oder Nordrhein-Westfalen würde eine Gemeinde „niemals akzeptieren, wie hier mit uns umgegangen wird“, echauffierte er sich. Aber in Berlin werde das „einfach gemacht. Das ist übergriffig und das müssen wir grundsätzlich zurückweisen.“ – Text: Christian Hönicke

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