Namen & Neues

Grüne triumphieren bei BVV-Wahl, SPD und Linke verlieren

Veröffentlicht am 27.09.2021 von Christian Hönicke

 

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Pankow ist ein grüner Bezirk. Anders sind die Ergebnisse der Wahlen kaum zu deuten. Während die SPD die Bundestags- und auch die Berliner Abgeordnetenhauswahl gewann und mit Olaf Scholz und Franziska Giffey vermutlich die neue Leitung in Bund und Hauptstadt stellen, ist Berlins einwohnerstärkster Bezirk klar in bündnisgrüner Hand. Auf praktisch allen Stimmzetteln setzte sich die Partei in Pankow durch. Dagegen verloren SPD und Linkspartei bei uns im Bezirk deutlich, die CDU stagnierte, und einen regelrechten Absturz erlebte die AfD.

Am stärksten war der Zuwachs der Grünen bei der Wahl zur Bezirksverordnetenversammlung. Mit dem Ergebnis, dass Cordelia Koch die erste grüne Bezirkschefin Pankows werden könnte. Die Linkspartei des Amtsinhabers Sören Benn ist in der BVV nur noch zweite Kraft –  mit deutlichem Abstand.

Die Siegerin Koch wertete die Wahlergebnisse im Bezirk generell als „klares Bekenntnis zu mehr Klimaschutz und zur Verkehrswende“. Außerdem sei deutlich geworden, dass die Grünen in Pankow „keine reine Innenstadtpartei mehr sind. Wir haben flächendeckend im ganzen Bezirk gewonnen und sind auch gewählt worden, um im Norden Pankows die Verkehrsprobleme zu lösen und ein Naherholungsgebiet zu sichern.“ [Der Text stammt aus dem aktuellen Pankow-Newsletter. Den können Sie hier kostenlos bestellen: leute.tagesspiegel.de]

Nach der Pattsituation bei der vergangenen BVV-Wahl, als SPD, Linke und Grüne bei 20/21 Prozent etwa gleichauf lagen, gingen die Grünen aus den Wahlen tatsächlich als mit Abstand stärkste Kraft hervor. Damit könnte Pankow demnächst erstmals von einer Frau geführt werden – wenn Koch eine BVV-Mehrheit erhält, um den linken Rathauschef Sören Benn abzulösen. Das wird allerdings kein Selbstläufer, siehe weiter unten.

Deutliche Verluste gab es dagegen bei der Pankower SPD (-3,0) mit Spitzenkandidatin Rona Tietje, auch Benns Linke (-1,7) büßten an Unterstützung ein. Die AfD verlor noch stärker und erhält auch keinen Posten im Bezirksamt mehr.
Zulegen konnte dagegen die FDP, die erstmals Fraktionsstatus in der BVV erreichte. „So können wir jetzt Mitglied im Kinder- und Jugendhilfeausschuss sein, was neben dem Fraktionsstatus unser erklärtes Wahlziel war“, klärte Spitzendandidat Thomas Enge.

Damit wäre eine rot-rot-grüne Zählgemeinschaft wie in der vergangenen Legislaturperiode wohl die stabilste realistische Koalition. Grüne und Linkspartei hätten zwar auch ohne die SPD eine Mehrheit, aber nur eine hauchdünne von gerade einer Stimme:

 

Es wird allerdings spannend zu sehen sein, ob und wie sich insbesondere Grüne und SPD wieder annähern können, die sich in den vergangenen Monaten mit zunehmender Intensität beharkt hatten. Auf der Wahlkampfzielgeraden hatten sie sich noch ein erbittertes Wortgefecht um die Zukunft des Kinos Colosseum geliefert.

Ähnlich sieht es bei der Verteilung der künftig sechs (statt bisher fünf) Stadtratsposten im Bezirksamt aus. Rein rechnerisch ist sie klar:

  • Grüne 2
  • Linkspartei 2
  • SPD 1
  • CDU 1

Die designierte Bürgermeisterin will Rot-Rot-Grün in Pankow fortsetzen. „Wir reden zwar prinzipiell mit allen, aber ich würde es gut finden, wenn wir mit bewährten Partnern weiterarbeiten könnten“, sagt Cordelia Koch. Sie glaubt, dass das Säbelrasseln im Wahlkampf schnell vergessen werden kann. „Wir sind inhaltlich in vielen Punkten nahe beieinander“, erklärte Koch in Richtung SPD. „Wenn man ein bisschen den Dampf rauslässt, kommen wir gut miteinander klar.“

Koch betonte in dem Zusammenhang ihre Ambitionen, selbst das Amt der Bürgermeisterin zu übernehmen. „Wir haben den Auftrag bekommen, das Bezirksamt zu führen. Und ich will diesem Auftrag gern folgen.“ Näheres müssten nun die Sondierungsgespräche der Parteien ergeben. Sowohl der bisherige Bürgermeister Benn als auch Tietje und ihr Co-SPD-Kreisverbandsvorsitzender Dennis Buchner waren zunächst nicht für eine Einschätzung zu erreichen.

Die CDU stagniert in Pankow – immerhin. „Wenn man was Positives sagen will, und das fällt heute schwer, dann haben wir das Ergebnis halbwegs gehalten gegen den Bundestrend“, sagt Spitzenkandidatin Denise Bittner. Die gute Nachricht für die CDU Pankow sei, dass der bisherige Fraktionschef Johannes Kraft seinen Wahlkreis zur Abgeordnetenhauswahl gewonnen habe. „Ich bin unfassbar froh für Herrn Kraft, der hat das verdient.“ Ebenfalls erfreut zeigte sich Bittner darüber, „dass die AfD verloren hat. Kommunalpolitisch haben sie kaum etwas geliefert. Es ist gut, dass das abgestraft wurde.“

Was ihre eigenen Ambitionen auf einen Stadträtinnenposten betrifft, wollte Bittner noch nichts sagen. „Das ist zu früh. Wir sortieren uns jetzt im Laufe der Woche.“ Bis zur Konstitution der neuen BVV am 4. November werde sich „alles zurechtruckeln“. – Text: Christian Hönicke

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