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Heimstaden-Akelius-Deal: Bezirk kann Vorkaufsrecht nicht ausüben
Veröffentlicht am 04.11.2021 von Christian Hönicke
Heimstaden schluckt Akelius – und der Senat kann nichts für die Mieter tun. 14.050 Wohnungen kauft der schwedische Konzern vom Konkurrenten am Immobilienmarkt Akelius. Weil das Ende September gemeldete Geschäft jedoch nicht als Immobilienverkauf, sondern über den Verkauf von Firmenanteilen als sogenannter „Share Deal“ abgewickelt wird, kann der Senat sein regelmäßig ausgeübtes staatliches Vorkaufsrecht nicht nutzen. Nicht einmal Konzessionen an die Mieter kann das Land durchsetzen, weil es kein Druckmittel gegen den Konzern hat. Dennoch will Heimstaden Senat und Bezirken entgegenkommen.
„Wir erwarten, dass sich Heimstaden den Zielen des Milieu- und Mieter:innenschutzes verpflichtet und den Bewohner:innen so langfristig die Sicherheit gibt, in ihrem Zuhause und ihrer Nachbarschaft bleiben zu können“, sagte Wenke Christoph (Linke), Staatssekretärin für Wohnen, dem Tagesspiegel.
Doch das müsste durch eine freiwillige Selbstverpflichtung geschehen. Um die Mieterschaft davor zu schützen, hatte Pankows Bezirksamt angekündigt, die Ausübung des kommunalen Vorkaufsrechts zu prüfen. Doch aus der Senatsverwaltung hieß es nun, dass die Übertragung der Wohnungen im Rahmen eines Firmenverkaufs „kein Kaufvertrag über ein Grundstück“ sei und daher „kein Vorkaufsrecht nach Baugesetzbuch entsteht“.
Zurzeit verhandeln die Bezirke Pankow, Neukölln und Mitte sowie die Senatsverwaltung für Wohnen daher mit Heimstaden über eine freiwillige Mieterschutzzusage. „Es soll eine berlinweite Vereinbarung mit Heimstaden erreicht werden“, sagte Pankows scheidender Baustadtrat Vollrad Kuhn (Grüne) dem Tagesspiegel. Vorbild könnten die „Abwendungsvereinbarungen“ für Milieuschutzgebiete sein, womit Investoren langfristig auf Mieterhöhungen und Luxussanierungen verzichten.
Eine solche Vereinbarung hatte Heimstaden im vergangenen Jahr mit Senat und mehreren Bezirken für 2200 Wohnungen getroffen. Akelius hält auch größere Bestände in Pankow, etwa in der „Grünen Stadt“ in Prenzlauer Berg. Etwa die Hälfte der 111 betroffenen Akelius-Häuser (58) in Pankow liegen in Erhaltungsgebieten. Hier gelten Beschränkungen bei Sanierungen, um starke Mietsteigerungen auszuschließen.
Ein Heimstaden-Sprecher bestätigte „Gespräche mit dem Berliner Senat über eine mögliche freiwillige Vereinbarung zu den Akelius-Wohnungen“. Diese seien „gerade erst aufgenommen“ worden. Heimstaden habe aber „selbst großes Interesse daran, Mieterinnen und Mietern ein hohes Sicherheitsgefühl zu geben, zum Beispiel in Form einer Sozial-Charta für die neu erworbenen Bestände“.
In der Mieterschaft und der Lokalpolitik herrschte bisher allerdings die Sorge, dass Heimstaden das Modell von Akelius fortführen könnte: Luxussanierungen, Mieterhöhungen und Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen. Zu diesem Geschäftsgebaren geht der Käufer nun jedoch auch offiziell auf Abstand: „Heimstaden ist Vermieter und kein Verkäufer.“ Der Verkauf von Eigentumswohnungen sei „kein Bestandteil des Heimstaden-Geschäftsmodells“. Deshalb hätten die Skandinavier „Akelius bereits heute gebeten (…), keine neuen Eigentumswohnungen mehr zum Verkauf anzubieten“.
Pankows Stadtrat Kuhn zufolge soll „die Akelius-Übernahme durch Heimstaden wohl gegen Ende des Jahres vollständig abgeschlossen werden“. Weil in diesem „Share-Deal“ gleich 100 Prozent der Akelius-Firmenanteile veräußert werden, solle immerhin entgegen der sonst üblichen Praxis „auch die gesamte Grundsteuer gezahlt“ werden, sagte Kuhn.
Das bestätigte Heimstaden. „Wir zahlen die volle Grunderwerbssteuer, da wir 100 Prozent der Gesellschaftsanteile übernehmen“, sagte ein Firmensprecher. Die Einnahmen für den Fiskus würden sich voraussichtlich auf „einen dreistelligen Millionen-Euro-Betrag belaufen“. Nach Kenntnis von Heimstaden sei dies „eine der höchsten Grunderwerbssteuerleistungen, die je ein Wohnimmobilienunternehmen in Deutschland erbracht hat“. – Text: Christian Hönicke, Ralf Schönball