Namen & Neues

Hahn statt Hammerbacher: Kritik an Straßennamen-Wende wegen Nazi-Vorwurfs

Veröffentlicht am 14.12.2023 von Christian Hönicke

Hahn statt Hammerbacher – der Name einer neuen Straße in Heinersdorf steht fest. Das Bezirksamt hat in seiner Sitzung am 14. November beschlossen, dass die neu angelegte Straße an der Idunastraße/Neukirchstraße „Beate-Hahn-Straße“ benannt wird. Sie soll das neue Gesobau-Wohngebiet „Idunastraße“ auf der ehemaligen Gärtnerei erschließen. Dort entstehen 334 Wohnungen. Aufgrund der bereits zügig voranschreitenden Bauarbeiten auf dem Gelände und des nahenden Einzugs der ersten Mieter will der Bezirk das Benennungsverfahren nun „schnellstmöglich“ abschließen.

Ursprünglich war dort die „Herta-Hammerbacher-Straße“ geplant. Doch dies hob die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) mit einem Beschluss auf. Auf Drängen der Pankower Grünen, die „dringend eine politische Überprüfung“ Hammerbachers gefordert hatten. Deutschlands erste Gartenarchitektin und die erste Professorin überhaupt an der TU soll der völkischen Ideologie der Nazis nahegestanden haben, deswegen einen Karriereschub erhalten und in der Folge an „kriegswichtigen“ Aufträgen mitgearbeitet haben, so der Vorwurf der Grünen.

Der Fachbereich Museum des Bezirks Pankow untersuchte den Fall und sprach von einer „ambivalenten Arbeitsperiode“ Hammerbachers im Nationalsozialismus, die „auch fachliche Argumente gegen eine Benennung“ liefere. Trotzdem befürwortete das Gutachten „nach Abwägung und mit Blick auf ihre Gesamtbiografie“ schlussendlich die Benennung der Straße nach Hammerbacher.

Die BVV hob den Beschluss zur Benennung der Straße nach Hammerbacher dennoch offiziell auf. Stattdessen wurde das Bezirksamt aufgefordert, alternative Benennungsvorschläge zu prüfen.

Nun soll die Straße nach der jüdischen Gartenpädagogin Beate Hahn (1894-1970) benannt werden. Das habe der Frauenbeirat Pankow vorgeschlagen, berichtet das Bezirksamt. Hahn sei durch Vorträge und Fortbildungen, aber auch verschiedene Publikationen zum Thema Gartenbau und Gartenpädagogik international bekannt geworden. „Da es sich bei dem Bebauungsgebiet um ehemalige Gärtnereiflächen handelt, ist ein thematischer Bezug zum Benennungsvorschlag gegeben.“

Dagegen regt sich aber auch Widerspruch. Jeonghi Go, die eine Doktorarbeit über Hammerbacher verfasst hat, hält den Vorwurf der Nähe zur „völkischen Ideologie der Nazis“ für ungerechtfertigt. „Im Gegenteil, ihr ausgeprägter Individualismus, ihre fortschrittliche Denk- und Lebensweise, die sie bis Anfang der 30er Jahre offen zeigte, waren mit dem Nationalsozialismus unvereinbar, viele Zeitgenossen kritisierten ihren modernen Lebensstil.“

Hammerbacher sei „keine Widerstandskämpferin“ gewesen, erklärte Go, vielmehr habe sie wohl „ihre individuellen Überzeugungen verstecken“ müssen. Auch Magdalene Geisler findet die Entscheidung des Bezirks falsch. „Herta Hammerbacher hat niemals der völkischen Ideologie der Nazis nahegestanden“, sagt das Mitglied der AG Spurensuche des Pankower Frauenbeirates. „Ganz im Gegenteil, sie war vor 1933 in der Roten Hilfe aktiv, also sehr links eingestellt, wurde dafür sogar auch bespitzelt.“

Hammerbacher habe die Verbindung zu einem Bruder, der ein Nazifunktionär war, beruflich für Aufträge genutzt, räumt Geisler ein. „Aber sie hat mit ihren Verbindungen ihrem anderen Bruder geholfen, der in der NS-Zeit als Homosexueller eingesperrt war.“ Hammerbachers Lebenslauf sei tatsächlich „durchaus ambivalent, aber es wäre kein Grund gewesen, so einen medialen Donner zu veranstalten“, kritisiert Geisler. Das Bezirksamt sei unter dem Druck der BVV eingeknickt und habe Hammerbachers Ruf dauerhaft beschädigt.