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"Dritter Weg" & Co.: BVV will Bezirks-Sportanlagen für Neonazis sperren

Veröffentlicht am 05.09.2024 von Christian Hönicke

Damit Mitglieder der militanten Neonazi-Partei „Der Dritte Weg“ nicht weiter im Sportkomplex Rennbahnstraße trainieren, soll in Pankow die Hausordnung für Sportflächen geändert werden. Das beschloss die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) am Mittwoch auf Antrag der Linksfraktion.

20 Berliner Sportvereine fordern derweil in einem offenen Brief, „die Vergabe von Sportstätten an die Neonazis (…) unverzüglich einzustellen“. Zu den unterzeichnenden Vereinen gehören unter anderem der Kreuzberger Fußballverein FSV Hansa 07, der Breitensportverein Pfeffersport und die Handballfreunde Pankow 01.

Mehrere Kader des „Dritten Weg“ trainieren laut Tagesspiegel-Recherchen zweimal wöchentlich in einer Halle auf dem Sportkomplex in Weissensee Kraft- und Kampfsport. Das Training wird vom Verein TSC Preußen 97 angeboten. Zwischen Bezirk und Verein liegt ein Nutzungsvertrag bis 2027 vor. Die Regeln für Sportplätze in Berlin verbieten zwar das Tragen verfassungsfeindlicher Symbole. Aber die Parteikleidung des „Dritten Weg“ ist nicht verboten, zudem besuchen die rechten Sportler den Sportkomplex meist in zivil.

Die Linke forderte deshalb, die Regeln für Sportflächen so zu ändern, dass der Bezirk eine Handhabe hätte, um die Neonazis hinauszuwerfen. Der Antrag wurde mit 22 Ja-Stimmen aus den Fraktionen von Linke, Grünen und SPD angenommen. Die AfD-Fraktion beantragte zu Beginn, das Thema unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu diskutieren. Die anderen Fraktionen stimmten dagegen.

Rund 50 Menschen, darunter Mitglieder lokaler Sportvereine, demonstrierten vor der BVV und begleiteten die Sitzung. Ihre Forderung: Das Bezirksamt soll den Nutzungsvertrag mit dem TSC Preußen 97 umgehend beenden. Redebeiträge kamen unter anderem von einer antifaschistischen Gruppe, einer Linken-Verordneten und Mitgliedern von Sportvereinen.

Fußballer vom Verein Pfeffersport trainieren auch an der Rennbahnstraße. „Wir nutzen teilweise dieselben Duschen“, sagte ein Redner. In einem anderen Redebeitrag hieß es: „Sie trainieren nicht für den fairen sportlichen Wettkampf. Sie trainieren erst neben uns in der Halle, um uns danach durch die Straßen zu jagen.“

Der „Dritte Weg“ und seine Nachwuchstruppe „Nationalrevolutionäre Jugend“ (NRJ) fallen immer wieder durch brutale Attacken auf. In Pankow wurden Jugendclubs von mutmaßlichen Mitgliedern der Partei bedroht. Auch beim Angriff am Ostkreuz, als 15 vermummte Neonazis Anreisende zu einer Demonstration überfallen und zwei davon krankenhausreif geschlagen haben sollen, waren laut Augenzeugen NRJ-Mitglieder dabei. Die Polizei durchsuchte einige Wochen nach der Attacke die Wohnung von NRJ-Kader Erik S.

„Dass genau diese Organisation in öffentlichen Sportanlagen überhaupt, aber insbesondere Kampfsport trainieren dürfen, schockiert uns zutiefst“, heißt es in dem offenen Brief der Sportvereine. Die „Untätigkeit des Bezirks“ und die „Sprachlosigkeit“ der Sportverbände sende ein „fatales Signal der Gleichgültigkeit“, sowohl gegenüber Betroffenen rechter Gewalt als auch gegenüber der ehrenamtlichen Arbeit in den Sportvereinen, heißt es in dem Schreiben.

Schon vor der BVV hat das Bezirksamt einige Schritte unternommen: Man sprach mit der benachbarten Grundschule und der Polizei, es gab einen runden Tisch mit allen Vereinen vom Sportkomplex Rennbahnstraße und Gespräche mit dem Vereinschef vom TSC Preußen. Ein Rauswurf des Vereins oder ein Hausverbot für die Neonazis ist jedoch nicht ohne weiteres möglich, solange sie keine verfassungsfeindlichen Symbole zeigen oder anderweitig vor Ort auffällig werden.

„Die haben eben kein Hakenkreuz auf der Brust“, sagte Maximilian Schirmer (Linke) in der BVV. Deshalb solle der Bezirk die Hausordnung entsprechend anpassen. Bezirksstadtrat Jörn Pasternack (CDU) und die CDU-Fraktion haben Zweifel, ob das rechtssicher möglich ist. „Diese Menschen möchten wir nicht auf unseren Anlagen“, sagte Pasternack. Doch er wolle nicht im „blinden Aktionismus Hausverbote auszusprechen“, die man dann zurücknehmen müsse.

Der SPD-Verordnete Marc Lenkeit wies darauf hin, dass man noch weitere Mittel prüfen könne, zum Beispiel das Hausrecht, oder eine vorzeitige Kündigung des Nutzungsvertrags mit dem Verein.

Beim Sportverein TSC Preußen 97 trainieren bekannte Kader der Neonazi-Partei „Der Dritte Weg“ Kraft- und Kampfsport. Der Verein hat einen Vertrag zur vorrangigen Nutzung einer Halle auf dem Sportkomplex Rennbahnstraße bis 2027.

Zu den rechten Besuchern der Rennbahnstraße gehören unter anderem Christian Sch., ehemals NPD-Chef von Pankow und nun beim „Dritten Weg“ und Erik S., Anführer der jungen Schlägergruppe „Nationalrevolutionäre Jugend“ (NRJ). Regelmäßiger Gast ist zudem der Ex-NPD-Kader Roy G., der in rechten Medien als Survival-Trainer auftritt.

Der Nutzungsvertrag mit dem TSC Preußen wurde zuletzt 2022 unter Bezirksstadträtin Dominique Krössin (Linke) verlängert, offenbar aus Unkenntnis. Schon damals waren Fotos von Neonazi-Trainings beim TSC Preußen öffentlich geworden. – Text: Dominik Lenze