Sport
Veröffentlicht am 19.09.2019 von Christian Hönicke
Jahn-Stadion: Abgeordnete sollen Abriss stoppen. Der Widerstand gegen den bevorstehenden Abriss des „Großen Stadions“ im Jahn-Sportpark erhöht sich. Der Bürgerverein Gleimviertel e.V. und die Freunde des Mauerparks fordern in einem gemeinsamen Schreiben ans Berliner Abgeordnetenhaus, den „übereilten vorgezogenen Abriss“ des Stadions zu stoppen.
Die beiden Initiativen ermutigen die Abgeordneten, die „Finanzmittel für einen Abriss des Jahnstadions im Jahre 2020 (…) nicht zur Verfügung zu stellen“. Der Ausbau des Sportparks bedürfe einer integrierten Bauplanung, die den angrenzenden „dicht bebauten Stadtraum berücksichtigt und gemeinsam plant“. Einen integrierten Bebauungsplan gemeinsam mit dem Mauerpark fordert auch Pankows Baustadtrat Vollrad Kuhn (B’90/Grüne). Der Stadionneubau dürfe nicht einzeln geplant werden, seine Auswirkungen auf die Umgebung müssten umfassend analysiert werden.
Das Stadion soll im Juni 2020 abgerissen und danach durch einen ebenfalls 20.000 Zuschauer fassenden Neubau ersetzt werden. Die Kosten dafür beziffert der Senat mit insgesamt 135 Millionen Euro. Erst nach dem Stadionbau soll der Rest des Jahn-Sportparks zu einer „inklusiven Sportanlage“ umgestaltet werden. Der Grund dafür ist, dass das Stadion bis zu den Special Olympics im Juni 2023 fertig sein soll. Dann sollen dort unter anderem die Leichtathletikwettbewerbe stattfinden. Doch dieses Ziel ist nur noch „bei optimalem Bauablauf realistisch“, hatte Sportstaatssekretär Aleksander Dzembritzki kürzlich eingeräumt. Der Senat prüft daher bereits den Olympiapark als Alternativstandort für die Special Olympics.
Angesichts dieser Tatsache halten die beiden Anrainerinitiativen den Senatsplan für überholt. Sie fordern nun ein „transparentes Bürgerbeteiligungsverfahren und die Durchführung eines ordentlichen B-Planverfahrens (einschließlich Stadionneubau)“ mit allen dazugehörigen Gutachten. „Wenn die Terminkette zu den Special Olympics nicht mehr zu halten ist, sollte doch Zeit für ein geordnetes und inklusives Planungsverfahren sein“, sagt Alexander Puell von den Freunden des Mauerparks.
Die Anwohner müssten „intensiv“ an dieser Planung beteiligt werden, heißt es im Brief an die Abgeordneten weiter, „nicht nur weil die Auswirkungen aus dem Sportparkbetrieb in der Nachbarschaft erheblich sein werden, sondern auch weil wir zu den aktivsten Nutzern des Sportparkgeländes gehören, als Vereins- und Freizeitsportler, als Erholungssuchende oder als Fußgänger und Radfahrer auf unseren täglichen Wegen“.
Die Argumente Dzembritzkis gegen ein solches umfassendes Planverfahren könnten „nicht überzeugen“, so Puell. Dzembritzki hatte unter anderem erklärt, der Stadionneubau führe nicht zu mehr Verkehr in den angrenzenden Gebieten. Es gebe lediglich „aus dem Sportanlagenbetrieb resultierende punktuelle Verkehrsbelastungen“, für die ein Verkehrskonzept erstellt werde. Das lege für den Besucherverkehr „den Schwerpunkt auf ÖPNV und Fahrrad“, nicht aufs Auto.
Es sei illusorisch anzunehmen, dass alle Zuschauer zu Fuß, mit dem Rad oder ÖPNV anreisen würden, entgegnet Puell. „Und Parkplatzsuche generiert immer Verkehr, bis zu einem Drittel. Dazu gibt es wissenschaftliche Studien, die die These von Sportstaatssekretär Dzembritzki deutlich widerlegen.“ Kein Konzept für den zu erwartenden PKW-Verkehr zu haben, „bedeutet Ärger und Chaos sowohl für Besucher wie auch Anwohner“. Die Freunde des Mauerparks fordern auch, die ikonischen Lichtmasten des Stadions zu erhalten. Das Landesdenkmalamt sieht die Arena aus den 50er Jahren allerdings nicht als erhaltenswert an.
Die Anrainervereine betrachten auch das Bestreben des Basketballvereins Alba, hier seine Geschäftsstelle samt Trainingszentrum einrichten zu wollen, mit Skepsis. Ein Spitzensportstandort samt dazugehörigem Stadion stelle einen grundsätzlichen Konflikt dar, so Puell: „Das widerspricht der bisherigen Zielstellung Inklusion völlig.“ So würde Stück für Stück ein Spitzensportzentrum geplant, doch „die verfügbaren Flächen, die schon jetzt knapp sind, wie auch die innerstädtische Lage sind dafür absolut ungeeignet“. – Text: Christian Hönicke
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