Kiezgespräch
Veröffentlicht am 29.11.2018 von Christian Hönicke
1000 (fast) ganz legale Hochzeitstricks. Die braucht man offenbar, wenn man in Pankow (und offenbar auch anderswo in Berlin) heiraten will. Nach dem Artikel um die vergebliche Terminsuche von Florian Barthel und seiner Verlobten Linda Schmidt erreichten uns viele Rückmeldungen mit Berichten und Tipps, damit es auch in Pankow mit der Ehelichung klappt. „Mein Freund und ich möchten ebenfalls heiraten und auch wir haben versucht, online einen Termin zu buchen – ohne Erfolg“, schreibt uns Cathrin Schneider. Sie empfiehlt, sich ohne Voranmeldung zur Sprechstunde zu begeben. „Die einzige Dame, die derzeit diese Anträge bearbeitet, war sehr nett und hat pünktlich um 8.30 Uhr die Nummern verteilt. Eine Frau, die bereits um 7 Uhr da war, kam auch gleich ran – nach gerade einmal 90 Minuten war alles erledigt.“
An die „haarsträubende Vorbereitung“ seiner Hochzeit, um einen „Termin für die Anmeldung einer Eheschließung“ zu bekommen, erinnert sich auch Markus Hein. „Ich kenne alle beschriebenen Probleme aus erster Hand, leider.“ Auch er rät zur offenen Sprechstunde, empfiehlt aber, „deutlich vor der Öffnungszeit“ da zu sein. „Bei unserem Standesamt in Reinickendorf waren wir um 6.30 Uhr nicht mal die Ersten, es warteten schon fünf weitere Pärchen dort. Lieber sehr früh aufstehen, auch wenn es bedeutet, draußen in der Kälte zu stehen, als die schönste Zeit des Lebens mit einer schlechten Nachricht von Amtsseite zu beginnen.“
Gleich ein ganze Palette an Tipps und Tricks hat Daniela Drechsel parat. Sie heiratete Ende Juli im Standesamt Pankow. „Wir haben auch lang gebraucht, einen Termin zu bekommen. Wir wussten aber auch über die Termin-Situation beim Standesamt Pankow Bescheid – daher haben wir keine Location gebucht, und waren auch offen, was den Tag angeht. Den Ratschlag, KEINE Location zu buchen, bevor der Heiratstermin vom Standesamt vergeben wurde, findet man übrigens fett gedruckt und rot auf der Webseite des Standesamtes Pankow.“
Zur Online-Terminbuchung hat Frau Drechsel folgenden Rat: „Im Halb-Stunden-Takt zu schauen bringt gar nichts, dann sieht man das, was das Pärchen im Artikel gesehen hat („zwischen 0:10 und 0:30 waren auf einmal alle Termine als gebucht markiert“). Die Termine sind einfach innerhalb von einer Minute nach Freischaltung ausgebucht.
Die Termine zur Anmeldung werden in der Regel exakt sechs Monate im Voraus morgens um 9 Uhr freigeschaltet, so Drechsel: „Ab dann sollte man wild auf den Aktualisieren-Knopf und den Buchen-Button klicken. Am besten macht man das auf einem Standard-Browser, der nicht zu alt (Aktualisierungen!) sein sollte.“
Andere terminliche Erfahrungen hat unser Leser Detlef Pech gemacht. Das Standesamt habe ihm mitgeteilt, das sein gewünschter Termin für den 3.12. einen Monat vorher (am 3.11.) ab 9.30 Uhr freigeschaltet würde. „Ich habe ab 9 Uhr durchgehend in engen Abständen den ganzen Tag geschaut, da war nichts freigeschaltet. Als ich ins Bett wollte, habe ich um kurz nach 0 Uhr noch einmal geschaut (also schon am 4.11.). Tatsächlich war nun die Freischaltung erfolgt, und ich war fast schon zu spät. Es gab nur noch zwei freie Termine, einen davon habe ich nun. Alle Termine am 3.12. wurden also in einem Zeitfenster von maximal 15 Minuten vergeben – und angesichts meiner Erfahrungen aus den Wochen zuvor ist dies wohl immer so.“
Das System funktioniere einwandfrei, so Pech, „nur den glücklichen Moment zu erwischen, in dem ein Termin überhaupt als frei angezeigt wird, scheint eher eine herausfordernde Aufgabe der Wahrscheinlichkeitsrechnung zu sein.“
Der erfolgversprechendste Hochzeitstrick erreichte uns von mehreren Stellen anonym: „Wer nicht flexibel beim Heiratstermin ist, sollte flexibel beim Heiratsort sein: Man kann einen Nebenwohnsitz z.B. bei Verwandtschaft anmelden, die außerhalb von Berlin wohnt, die Heiratserlaubnis dort beantragen, und sich dann wieder abmelden. Heiraten kann man mit der Erlaubnis dann, wo immer man möchte.“ Eine Leserin hat nach eineinhalb Jahren vergeblicher Mühe in Pankow etwa einen Zweitwohnsitz bei Verwandten in Marzahn angemeldet. „Ich konnte dort dann ohne Probleme einen Termin machen ohne Stress und Bangen. Es hat alles geklappt und wir konnten am Wunschtag heiraten.“ Das grenze zwar „fast an Illegalität“, aber was will man machen?
Zusammenfassend kann man sagen: Wer in Berlin heiraten will, muss sehr früh aufstehen, den ganzen Tag arbeiten, sehr spät ins Bett gehen, zeitlich flexibel sein oder am besten umziehen. Beziehungsweise Beziehungen haben: Ein anderes Paar erkannte sich in der Schilderung „direkt wieder. Der Unterschied ist, dass wir nun endlich einen Termin haben. Korrekt wäre, wir haben zwei Termine.“ Das Paar wäre bereit, diesen an Notleidende weiterzugeben. Es soll schon Interessenten geben, hört man.