Kiezgespräch

Veröffentlicht am 20.06.2019 von Christian Hönicke

Schönhauser: S-Bahn-Brücke wird abgerissen. Es droht mehr als ein halbes Jahrzehnt lang kompletter Stillstand in alle Richtungen am Verkehrsknotenpunkt Schönhauser Allee: Die S-Bahn-Brücke muss abgerissen werden. Mein Kollege Björn Seeling hatte das zuerst exklusiv herausgefunden und in unserem „Checkpoint“-Newsletter vermeldet – später griffen auch andere Medien die Meldung auf, ohne jedoch seine Rechercheleistung angemessen zu würdigen. Dabei war dem Ur-Pankower Seeling der Messwagen auf der Brücke höchstselbst aufgefallen – daraufhin hatte er bei der Senatsverkehrsverwaltung nachgefragt. Deren Sprecher Jan Thomsen bestätigte die Messungen und teilte das niederschmetternde Ergebnis mit: „Ein Neubau der Brücke ist aufgrund des Bauwerkszustands erforderlich – sie hat schlicht ihre Lebensdauer erreicht.“

Die Brücke stammt aus dem Jahr 1888. Mit dem Abriss ist laut Thomsen „nach jetzigem Stand nicht vor 2024 zu rechnen. Die Bauzeit wird, geschätzt anhand von Erfahrungswerten, voraussichtlich sechs Jahre betragen.“ Bis 2030 wird dann also wohl nichts mehr fahren auf einer der wichtigsten Nord-Süd-Verbindungen Berlins, auf der die Tramlinie M1 und die Bundesstraße 96a verlaufen. Und auch eine längere Sperrung der Ringbahn droht.

Rund 21 Millionen Euro soll das Projekt „Ersatzneubau Schönhauser-Allee-Brücke“ laut Verkehrsverwaltung kosten. Derzeit befindet es sich in der Phase der Grundlagenermittlung. Im 1. Quartal 2020 soll ein Planer per Ausschreibung verpflichtet werden: „Dann können Planung und Terminkette für einen Ersatzneubau konkretisiert werden.“ Die Konstruktionsart der neuen Brücke stehe noch nicht konkret fest.

Besonders schwierig wird der Bau, weil nicht nur die S-Bahn unter der Brücke, sondern auch die U-Bahnlinie 2 über ihr verläuft. Der denkmalgeschützte U-Bahnhof Schönhauser Allee bleibe zwar „von der Baumaßnahme konstruktiv unberührt“, so Thomsen – er hat keine Stützen direkt auf der S-Bahn-Brücke. „Einschränkungen während der Bauzeit kann es aber natürlich trotzdem geben“, so Thomsen. Das gilt auch für das angrenzende Einkaufszentrum Schönhauser Allee Arcaden, das auf einer separaten Überspannung des Bahngrabens steht.

Die große Frage ist nun, wie S-Bahn, U-Bahn, Autoverkehr und Tram angesichts der Zweiteilung der Schönhauser Allee für mehr als ein halbes Jahrzehnt geführt werden sollen. Ob etwa die Ringbahn und die U-Bahn für längere Zeit unterbrochen werden müssen, ist laut Verkehrsverwaltung noch unklar. „Ein Verkehrskonzept, auch ein grobes, kann es erst geben, wenn es eine Bauplanung gibt.“ Sperrungen des S-Bahnverkehrs dürften dabei aber kaum zu vermeiden sein.

In Nord-Süd-Richtung verlaufen auf Pankower Gebiet in der Nähe nur drei weitere leistungsfähige Autotrassen über die Ringbahn. Die Greifswalder Straße unterquert die Gleise, dann gibt es noch die Brücken Prenzlauer Allee und Dunckerstraße und als nächstgelegene Umfahrungsmöglichkeit die enge Stahlheimer Straße/Pappelallee.