Kiezgespräch

Veröffentlicht am 26.09.2019 von Christian Hönicke

Teich im Thälmannpark: Amt droht Ehrenamtlern mit Strafe. Zwölf Jahre lang hat sich Volker Herold um einen geschützten Teich in Prenzlauer Berg gekümmert, den das Bezirksamt verkommen ließ und zuschütten wollte. Nun hat er deswegen ein Verfahren wegen einer Ordnungswidrigkeit am Hals.

Es geht um einen kleinen Teich im Ernst-Thälmann-Park, mitten in Berlin. Der Tümpel zwischen Bäumen ist ein eingezäuntes Amphibienschutzgebiet, er wurde 1985 von Erich Honecker persönlich eingeweiht und steht unter Denkmalschutz. Hier leben unter anderem Krebse, Schlangen und Kröten.

Dennoch sollte der Teich 2007 zugeschüttet werden, weil der Bezirk kein Geld für seine Unterhaltung hatte. Das verhinderten drei AnwohnerInnen, die den Teich seitdem ehrenamtlich pflegen. „Selbst als der Teich am Umkippen war und wir beim Bezirksamt gebettelt haben, kam nichts“, sagt Herold. „Es hieß immer nur: kein Geld.“ Also sammeln er und seine MitstreiterInnen zweimal im Jahr Spenden von anderen Anwohnern, die den Erhalt des Wassers, der Pflanzen und der Fische finanzieren. Die „AG Grün & Teich“ setzt sich auch dafür ein, dass nicht wild an ihrem „Kiezteich“ geangelt wird. Das klamme Pankow nahm die Nachbarschaftshilfe dankend an, 2013 erhielt die AG dafür sogar den Umweltpreis des Bezirks.

Nun herrscht Kleinkrieg. Anfang Juni sei das Ordnungsamt plötzlich auf den Plan getreten, erinnert sich Herold. „Die Mitarbeiter sitzen oft am Teich, trinken Kaffee und warten auf den Feierabend.“ Dabei fielen ihnen offenbar irgendwann zwei Schilder auf, Herold und seine Mitstreiter hatten sie aufgestellt. Quasi als Nachfolger der alten DDR-Schilder, die das Amphibienschutzgebiet auswiesen.

Daran hatte sich niemand gehalten, Leute warfen ständig Müll in den Teich und übersprühten und beschädigten die Schilder. Irgendwann habe das Amt aufgegeben, die Schilder zu erneuern, sagt Herold. „Da haben wir überlegt, wie wir das trotzdem hinkriegen, zum Beispiel die Vögel zu schützen, die dort brüten.“

Die Anwohner entwarfen selbst ein Schild, „um aufzuklären, nicht zu verbieten“. Darauf stand, dass man das Entenfüttern lieber sein lassen solle, deswegen sei der Teich bereits mehrfach umgekippt, er stank dann fürchterlich. „Das Schild hat wunderbar funktioniert“, sagt Herold – nur Hunde sprangen trotzdem immer wieder hinein. „Da hatten wir die geniale Idee, einen Teil des Teichs mit Schwimmelementen und Strick abzugrenzen.“

Sie nannten das den „Hundepool“. Nur dort sollte das Planschen für „Fell & FKK“ erlaubt sein, so stand es etwas nebulös auf weiteren Schildern – der Rest des Teichs sei geschützt. „Alle haben das angenommen und sich bedankt“, sagt Herold. Ihm zufolge kannte der Leiter des Grünflächenamts die Schilder und habe sich zehn Jahre lang dafür nicht interessiert.

Das änderte sich im Juni. Herold bekam Post vom Ordnungsamt. Er hätte „vorsätzlich“ Schilder aufgestellt und darauf „zum Baden im Amphibienbereich für Hunde und Personen aufgerufen“. Das stelle einen Verstoß gegen das Grünanlagengesetz dar. Derzeit wird verhandelt, wie hoch die Geldbuße ausfällt. Die Vorwürfe sind sachlich begründet, in der Tat gilt in geschützten Gewässern Badeverbot – auch für Hunde. „Verkehrte Welt“, findet Herold trotzdem. „Man hätte ja mal vorher fragen können. Das Amt kennt uns doch – aber es redet einfach keiner mit uns.“

Herold sieht umgekehrt eine Sachbeschädigung seiner Schilder durch das Amt. Er habe Ordnungsstadtrat Daniel Krüger (parteilos/für AfD) um eine Erklärung gebeten, doch bisher keine Antwort erhalten. Auf Nachfrage teilte Krüger mit, das Ordnungswidrigkeitenverfahren werde weiterverfolgt, Herold habe die Möglichkeit, sich dazu zu äußern. Ob der Bezirk nun selbst Schilder am Teich aufstellt, müsse allerdings das Straßen- und Grünflächenamt entscheiden.

Er habe mehrfach überlegt, ob er angesichts der Behandlung durch das Amt einfach hinwerfen solle, sagt Herold. „Jahrelang haben wir uns um den Teich gekümmert, ohne uns gäbe es ihn gar nicht mehr“, sagt er. „Und jetzt sollen wir dafür eine Strafe zahlen? Da fühlt man sich schon verschaukelt.“ – Text: Christian Hönicke 
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