Kiezgespräch

Veröffentlicht am 17.10.2019 von Caspar Schwietering

Als der Bauzaun Anfang September endlich verschwunden war, war Frank Stremann erstmal baff. In der Stargarder Straße, direkt vor der Gethsemanekirche, stand nun ein neuer Parkscheinautomat. Dafür war der historische Straßenbrunnen, der sich bisher dort befand, einfach verschwunden. Nur ein paar etwas hellere Steine erinnerten jetzt noch an die etwa zwei Meter hohe Pumpe mit einer schönen Drachenkopf-Verzierung (siehe Bild weiter oben in der „Kiezkamera“).

Stremann, der schon sein ganzes Leben in der Nähe der Gethsemanekirche wohnt und beinahe täglich auf dem Weg zur Wohnung seiner Freundin an dieser Stelle vorbeikommt, wollte das nicht einfach hinnehmen. Der Brunnen sei doch eine wichtige Erinnerung, sagt der 59-jährige Krankenpfleger dem Tagesspiegel. Nach dem Krieg seien die Menschen auf diese Pumpe dringend angewiesen gewesen. Aber die Pumpe habe nicht nur einen sentimentalen Wert. Noch im letzten Sommer hätten die AnwohnerInnen das Wasser benutzt, um die Straßenbäume zu gießen.

Deshalb hat sich Stremann ans Bürgeramt gewendet, um nach dem Verbleib des Brunnens zu fragen. Dort sagte man ihm, er solle sich bei der Denkmalbehörde melden. Die verwies ihn an die untere Denkmalbehörde. Die wiederum urteilte: „Ist kein Denkmal“.

Frank Stremann kann das nicht verstehen: „Das ist doch ein Denkmal!“ Tatsächlich stammt der Straßenbrunnen immerhin aus dem Jahr 1900. Zuständig ist dafür dennoch nur das Straßen- und Grünflächenamt. Dort ist man über die Aufregung etwas überrascht.

Der Brunnen sei versandet, schreibt das Amt. Schuld seien die Wasserqualität und das verbaute Material. Im Durchschnitt versandeten die Brunnen alle 40 bis 50 Jahre. Pro Jahr würden deshalb im Bezirk ein bis zwei Brunnen versanden. Die Pumpe hat der Bezirk deshalb erst mal bei einem Dienstleister eingelagert.

Der Notwasserbrunnen an der Gethsemanekirche (so nennt das Straßen- und Grünflächenamt die Pumpe) ist damit aber keineswegs verloren. Man habe Bundesmittel bei der Senatsverwaltung für Umwelt beantragt. Grundlage hierfür sei das Wassersicherstellungsgesetz (WasSG) für Reparaturen und Neubohrungen der Notwasserbrunnen, teilt das Straßen- und Grünflächenamt mit. Wenn die Mittel bewilligt werden, werde die Wasserpumpe in der Stargarder Straße auf jeden Fall wieder installiert. Auf die Höhe der zugeteilten Mittel habe man jedoch keinen Einfluss.

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Diesen Text haben wir als Leseprobe dem neuen Tagesspiegel-Newsletter für Berlin-Pankow entnommen. Den – kompletten – Pankow-Newsletter gibt’s unkompliziert und kostenlos hier leute.tagesspiegel.de.

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