Kiezgespräch

Veröffentlicht am 23.01.2020 von Christian Hönicke

Handwerkerschwund: Bezirksamt in Sorge. Die Heizung ist kalt, das Dach undicht, die Tür schließt nicht mehr richtig, ihr Gebrauchtwagen hat Aussetzer? Kurz: Sie brauchen einen Handwerker? Dann viel Glück bei der Suche. In Pankow sind handwerklich begabte Leute vom Fach auf rasantem Weg zum Geheimtipp. Seit 2006 ist der Bestand der einst gut 4000 Handwerksbetriebe im Bezirk um mehr als 500 gesunken. „Allein seit 2011 sind etwa 350 Handwerksbetriebe aus Pankow verschwunden“, teilt Wirtschaftsstadträtin Rona Tietje (SPD) auf Nachfrage mit. Die aktuellsten Zahlen aus dem Jahr 2018 zählten noch 3.502 Handwerksbetriebe.

Der Fachbetrieb-Exodus besorgt das Bezirksamt zusehends. Das Verschwinden von Handwerksbetrieben bedeutet nämlich nicht nur „den Verlust von Arbeitsplätzen“, so Tietje. „Zum anderen stehen auch bestimmte Dienstleistungen in Pankow nicht mehr wohnortnah zur Verfügung.“ So müsse man mitunter auch in dringenden Fällen Handwerker von weiter her kommen lassen und dann im Zweifel eine zweistündigen Anfahrt bezahlen. „Je nach Handwerksbetrieb gehen außerdem kleine Ladengeschäfte in den Kiezen verloren, die auch zur Lebensqualität und Lebendigkeit in Wohnquartieren beitragen können – wie Konditoren, Schuhmacher, Schneider, Goldschmiede oder Fotografen.“

Für den Schwund sind aus Tietjes Sicht (neben fehlenden Fachkräften) vor allem die steigenden Immobilienpreise und die bauliche Verdichtung im Bezirk verantwortlich: „Ein Hauptproblem ist speziell in Pankow das Thema Verdrängung.“

Um Gewerbeflächen dauerhaft zu sichern, müssten Land und Bezirk strukturell zusammenarbeiten, so Tietje. Sie plädiert für die Einrichtung von Gewerbeflächenmanagements und -konzepten in allen Bezirken, unterstützt durch die Senatsverwaltung für Wirtschaft. „Diese beiden Forderungen sind im aktuellen Stadtentwicklungsplan Wirtschaft 2030 formuliert, aber noch nicht umgesetzt.“ – Text: Christian Hönicke 

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