Kiezgespräch

Veröffentlicht am 04.02.2021 von Christian Hönicke

Fuss e.V. will Fahrradbügel-Baustopp auf Gehwegen. Keine neuen Fahrrad-Abstellbügel mehr in Pankow – zumindest nicht auf Gehwegen. Das fordert der Verein Fuss e.V. Oft seien die Wege ohnehin eng und schon zugestellt, kritisiert Fuss-Vorstand Roland Stimpel. Die Fahrrad-Bügel gehörten deswegen auf die Fahrbahn. Das Bezirksamt lehne das jedoch ab – mit dem „bizarren“ Verweis auf die Personalnot im Amt.

Im November lud Fuss e.V. das Bezirksamt und PolitikerInnen zu einem Spaziergang durch den Helmholtzkiez ein, um das Problem zu erörtern. Man habe gemeinsam festgestellt, „dass in einem dichtbebauten Wohngebiet jeder Meter öffentlichen Raumes auf dem Bürgersteig notwendig ist, um Kindern, mobilitätseingeschränkten Menschen und allen anderen Fußgänger*innen ausreichend Platz zu bieten“, so das Fazit der Anwohnerin und Fuss-Vertreterin Patrizia Flores. Das Bezirksamt habe dabei erklärt, dass Bügel, die FußgängerInnen behindern würden, „umgesetzt“ werden sollen. [Der Text stammt aus dem aktuellen Pankow-Newsletter. Den können Sie hier kostenlos bestellen: leute.tagesspiegel.de]

Das sind laut Fuss-Chef Stimpel praktisch alle. „Fahrradbügel auf Gehwegen haben zwei Nachteile: Sie nehmen Platz weg und sie verleiten Radler, auf dem Weg zu ihren Parkplätzen hin und von dort wegzufahren“, so Stimpel. Und angeschlossene Fahrräder würden meist über die Bügel hinausragen so noch mehr Platz wegnehmen.

„Geradezu traurig“ sei die Situation an Kreuzungen, an denen in den vergangenen Jahren sogenannte Gehweg-Vorstreckungen gebaut wurden, sagt Stimpel. Diese ragen in die bisherige Kreuzung hinein und verkürzen den Weg über die Fahrbahn – eigentlich toll für Fußgänger. „An den Ecken entstehen kleine luftige Plätze“, sagt Stimpel. „Aber ausgerechnet die werden jetzt oft mit Radbügeln zugestellt. Der gerade gewonnene Freiraum geht sofort wieder verloren.“

Manchmal stünden die Radbügel samt der Fahrräder „auch wie Zäune da“, kritisiert Stimpel. Ein Beispiel seit der Gehweg vor der Gethsemane-Kirche in Prenzlauer Berg. „Früher kam hier wegen parkender Autos schlecht über die Fahrbahn, jetzt wegen parkender Räder. Das eine ist so lästig wie das andere.“ Stimpel fordert deswegen, Radbügel kommen auf bisherige Autoparkplätze zu stellen. „Wo bisher ein Fahrzeug stehen konnte, haben dann acht Platz.“ Doch das scheitere in Pankow am amtlichen Personal.

Das Pankower Bezirksamt habe einen „bizarren Grund“ genannt, warum das nicht gemacht werde, so Stimpel: Anders als auf dem Gehweg brauche es eine „straßenrechtliche Anordnung“ dafür. „Doch die darf nicht jeder erteilen; und qualifizierte Kräfte fehlen im Pankower Bezirksamt. Deshalb sollen weigere Bügel auf Gehwege.“

Auf Nachfrage gibt das der zuständige Bezirksstadtrat Vollrad Kuhn (Grüne) zu: „Aufgrund der begrenzten Personalkapazitäten in der Straßenverkehrsbehörde können verkehrsrechtliche Anordnungen für Abstellanlagen auf der Fahrbahn derzeit leider nicht in der Menge und Geschwindigkeit erteilt werden, wie sie für eine zügige Verkehrswende erforderlich sind.“

Das kritisiert Fuss e.V.: „Lasst es dann erstmal lieber ganz. Radbügel sind gut – aber nur, wenn sie nicht die Menschen zu Fuß behindern.“ Sobald im Amt wieder genug Personal vorhanden sei, „können sie dann am richtigen Ort auf der Fahrbahn platziert werden“. Das lehnt Kuhn jedoch ab. Dass man wegen der Personalnot grundsätzlich nur Gehwege in Pankow mit Bügeln ausrüste, sei falsch: „Wir prüfen immer im Einzelfall.“

Die Forderungen von Fuss e.V. „sind grundsätzlich richtig“, so Kuhn. Man plane, „zukünftig die Mehrzahl der Bügel auf der Fahrbahn umzusetzen“. Dafür habe die Senatsverkehrsverwaltung „Regelpläne“ herausgegeben, die das erleichtern sollen. In der Stargarder Straßen etwa sind laut Kuhn rund 100 neue Bügel auf der Straße, „also auf Kfz-Stellplätzen“ vorgesehen.

Auf dem Gehweg sollen Bügel aber weiter installiert werden, wenn dieser ausreichend breit sei, so Kuhn. Zudem fehle bei zu weit von Häusern entfernten Bügeln häufig die Akzeptanz, diese auch zu nutzen. „Wir haben oft beobachtet, dass zum Beispiel 15 Meter entfernte Fahrradbügel nicht angenommen werden, wenn direkt vor dem Wohnhaus Baumschutzbügel oder Verkehrsschilder vorhanden sind, die auch zum Anschließen geeignet sind.“ – Text: Christian Hönicke

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