Kiezgespräch

Veröffentlicht am 11.02.2021 von Christian Hönicke

0,6 Hektar in Prenzlauer Berg gesucht: Bezirk braucht Ausgleichs-Grünfläche für Bebauung des Thälmannparks. Das Bezirksamt Pankow sucht 6000 Quadratmeter oder 0,6 Hektar Boden in Prenzlauer Berg. Das ist die Fläche, um die der Ernst-Thälmann-Park für die Erweiterung einer Grundschule verkleinert werden soll – etwa zweimal so groß wie der Amalienpark in Pankow Kirche. Bisher hat der Bezirk keinen konkreten Plan benannt, wie er das verlorene Parkgelände kompensieren will. Auch deswegen wollen Anwohner die Bebauung eines Teils der bekannten Grünanlage in Prenzlauer Berg mit Protestaktionen noch verhindern.

Die vom Bezirksamt eingeplante Fällung von Bäumen im Bereich um die Grundschule am Planetarium wurde auf jeden Fall verschoben. Es würden in dieser Fällperiode, die am 28. Februar endet, keine Rodungen durchgeführt, teilte Pankows Bau- und Grünflächenstadtrat Vollrad Kuhn (Grüne) mit, frühester Beginn sei der Herbst. Ein Grund für den Aufschub: Es bestehe „genereller Klärungsbedarf bezüglich Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen“ für die Grünfläche.

Denn das Bezirksamt darf das Stück Thälmannpark nicht einfach so verschwinden lassen. „Es besteht eine rechtliche Verpflichtung für den naturschutzrechtlichen Eingriff nach § 15 ff BNatSchG den Verlust von Vegetation, sowie Neuversiegelungen auszugleichen“, teilt Kuhn mit. Das heißt, es muss Ausgleich für die verlorene Grünfläche und den Teil des wertvollen alten Baumbestand geschaffen werden, der gefällt werden soll. [Der Text stammt aus dem aktuellen Pankow-Newsletter. Den können Sie hier kostenlos bestellen: leute.tagesspiegel.de]

Diese „naturschutzrelevante Kompensation“ könne im gesamten Ortsteil Prenzlauer Berg erfolgen, so Kuhn. Dazu sei ein „Eingriffs- und Ausgleichsgutachten“ beauftragt worden. Konkrete Areale für diese Ausgleichsmaßnahmen gibt es laut Kuhn aber noch nicht. Die Zuordnung von geeigneten Flächen müssten die verschiedenen Ämter des Bezirksamts untereinander abstimmen.

Ausgerechnet im dicht bebauten Prenzlauer Berg mit seinen immensen Bodenpreisen gleich 0,6 Hektar neue Grünfläche zu schaffen – das ist nun die Herausforderung, vor der das Bezirksamt steht. Der eklatante Platzmangel in der Gegend war es ja schließlich, der erst zum Plan der Schulerweiterung im Park geführt hatte. Grundsätzlich hofft der Bezirk, im Norden des Parks entlang des S-Bahn-Grabens einen neuen Grünzug als Ausgleich anlegen zu können. „Langfristiges Ziel ist, eine Verbindung von der Prenzlauer Allee entlang der Bahngleise bis zur Greifswalder Straße zu ermöglichen“, sagt Kuhn. Weitere Planungen gebe es aktuell nicht. Doch: „Die Flächen, die hierfür notwendig wären, sind überwiegend privat.“

Gemeint ist das Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs Greifswalder Straße. Das gehört dem Investor Christian Gérôme, der hier eine dichte Wohnbebauung plant und das Bezirksamt deswegen auf Genehmigung verklagt hat. „Ohne eine Einigung mit dem privaten Eigentümer wird es die durchgehende Verbindung entlang der Bahngleise nicht geben“, so Kuhn. „Wobei auch die Finanzierung eines solchen Grünzuges bislang nicht geklärt ist.“ [Der Text stammt aus dem aktuellen Pankow-Newsletter. Den können Sie hier kostenlos bestellen: leute.tagesspiegel.de]

Offenbar möchte das Bezirksamt deshalb die kürzlich erfolgte Sanierung des nahen Anton-Saefkow-Parks mit der Verkleinerung des Thälmannparks verrechnen. „Um die Reduzierung der Grünfläche aufgrund der Schulerweiterung zu kompensieren, wurde des Weiteren der benachbarte Anton-Saefkow-Park in den letzten Jahren (…) erneuert und für eine intensivere Nutzung umgestaltet“, teilt Kuhn mit. Er verweist auf den dort entstandenen neuen Bolzplatz, der den wegfallenden Ballspielplatz im Thälmannpark ausgleichen solle. Allerdings entstand bei der Sanierung des Saefkow-Parks kein einziger neuer Quadratmeter geschützte Grünfläche.

Das wollen Anwohner des Thälmannparks so nicht hinnehmen. Die „Initiative Thälmannpark“ plant Protestaktionen gegen die Bebauung im Bereich der Grundschule am Planetarium. Zudem will sie einen Einwohnerantrag in der Bezirksverordnetenversammlung einreichen, um „gegen diese wirklich unsinnige und kurzsichtige Aktion intervenieren“. Prenzlauer Berg sei einer der am dichtesten besiedelten Ortsteile Berlins und habe ohnehin ein großes Grünflächendefizit. Dieses wachse mit solchen Entscheidungen immer weiter. – Text: Christian Hönicke

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