Kiezgespräch
Veröffentlicht am 26.10.2023 von Christian Hönicke
Nach Rodungsstopp am Schlosspark: Gesobau baut „Ersatznistkästen“, um Genehmigung für Geflüchtetenunterkunft zu erhalten. Im Kampf um den Bau der umstrittenen Geflüchtetenunterkunft am Schlosspark Schönhausen in Pankow haben die Anwohner einen Etappensieg errungen. Das Bezirksamt Pankow hat die dafür geplanten Baumfällungen bis auf Weiteres gestoppt. Am 9. Oktober teilte das Naturschutzamt des Bezirks der Gesobau die „Untersagung der Rodung von Bäumen und Sträuchern“ für das Bauvorhaben mit. Es verwies darauf, dass sich auf dem Gelände geschützte Tierarten leben, insbesondere heimische Vogelarten.
Die Gesobau will in den begrünten Höfen an der Kavalierstraße zwei Gebäude für 422 Menschen errichten. Diese waren zunächst als reguläre Wohnhäuser geplant, nach dem Widerstand von Anwohnern und aus der Pankower Lokalpolitik sollen sie nun per Sonderbaurecht als Geflüchtetenunterkünfte errichtet werden. Dafür müssen nach Rechnung der Initiative „Grüner Kiez Pankow“ 66 Bäume gefällt werden. Die Gesobau spricht dagegen von 36 Bäumen.
Die Wohnungen sind schon seit mehreren Jahren geplant, doch der Bezirk lehnte die Nachverdichtung ab. Gemeinsam mit den Anwohnern einigte man sich auf einen Kompromiss, der 60 Wohnungen vorsieht und einen Großteil der Bäume erhalten sollte. Daraufhin nutzten Senat und Gesobau das Sonderbaurecht für Geflüchtetenunterkünfte, was Bezirksstadtrat Cornelius Bechtler (Grüne) als „Basta-Politik“ kritisierte.
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND Berlin), die Naturfreunde Berlin sowie die Berliner Landesarbeitsgemeinschaft Naturschutz (BLN) hatten Anfang Oktober einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht eingereicht, die Fällungen und Rodungsarbeiten zu stoppen, bis der Artenschutz ausreichend berücksichtigt worden ist.
Das Bezirksamt Pankow kam dem zuvor und ordnete nun den Rodungsstopp an. Es werde „in Kürze Nachforderungen“ zum Thema Artenschutz geben, teilte man der Gesobau mit. Firmensprecherin Birte Jessen glaubt dennoch, dass schon bald mit dem Bau der 99 Wohnungen begonnen werden kann. „Die Fällgenehmigung besteht weiterhin“, so Jessen. Die Pankower Naturschutzbehörde „hat lediglich bis zur noch ausstehenden Erteilung einer artenschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung untersagt, die Beseitigung von Bäumen und Sträuchern vorzunehmen“.
Um diese Ausnahmegenehmigung zur Fällung zu erhalten, hat die Gesobau laut Jessen inzwischen „Ersatznistkästen“ für die Vögel errichtet und „den Bezirk Pankow zur Abnahme vor Ort aufgefordert“. Selbst wenn Pankow weitere Forderungen stellen sollte, ist die Erteilung der Ausnahmegenehmigung als letzte Hürde für den Baustart wohl nur mehr eine Frage der Zeit.
Die Anwohner kämpfen derweil weiter für den auf Bezirksebene ausgehandelten Kompromiss. „Grüner Kiez Pankow“ will Anfang November den zweiten Runden Tisch durchführen. „Über den Runden Tisch signalisieren wir weiterhin Gesprächsbereitschaft“, sagt Britta Krehl von der Initiative. „Der Glaube daran, dass die Vernunft am Ende siegen wird, ist unser Antrieb.“