Nachbarschaft
Veröffentlicht am 15.02.2018 von Christian Hönicke
André Scholz, 51, will Pflegefällen und ihren Angehörigen das Reisen ermöglichen. Gemeinsam mit seiner Frau Sibylle hat er in Weißensee zu diesem Zweck den Verein „Reisemaulwurf“ gegründet.
Herr Scholz, wie kamen Ihnen die Idee zum „Reisemaulwurf“? Als gelernter Altenpfleger und Pflegeberater in einem Berliner Pflegestützpunkt habe ich oft erlebt, dass mit Eintritt von Hilfe- und Pflegebedürftigkeit nicht mehr verreist wird. Dabei wollen viele Menschen nach wie vor reisen. Gerade der Erholungsfaktor einer Auszeit bedeutet für Pflegebedürftige, aber auch für pflegende Angehörige extrem viel, da häusliche Pflegesituationen nicht selten viele Jahre andauern. Die Betroffenen hat der Mut verlassen – oftmals kennen sie die Angebote nicht und haben nicht die Zeit und Energie, sich selbst über die Möglichkeiten zu informieren. Als pflegender Angehöriger kenne ich diese Situation in der eigenen Familie.
Gibt es denn überhaupt Angebote? Man muss gezielt danach suchen. In 15 Jahren wird das Thema ganz selbstverständlich sein, noch steckt es in den Kinderschuhen. Die Thematik barrierefreier Tourismus wird zwar seit einigen Jahren verstärkt bearbeitet, jedoch ist der Bereich Reisen für Menschen mit Hilfe- und Pflegebedarf, Demenz und für pflegende Angehörige kaum touristisch erschlossen. 2013 hatte ich die Idee, eine Börse für barrierefreies Reisen zu schaffen, 2016 habe ich „Reisemaulwurf“ gegründet.
Kann eine Reise in Pflegesituationen wirklich Entlastung schaffen? Das ist wissenschaftlich noch nicht erforscht. Es gibt aber erste positive Erkenntnisse durch Studien. Die Aussagen nach begleiteten Urlauben sprechen dafür.
Können Angehörige und Pflegebedürftige auch unabhängig voneinander verreisen oder geht es um gemeinsame Reisen? So oder so ist reisen möglich. Es kommt auf das passende Angebot an.
Vermitteln Sie die Reisen? Nein, der „Reisemaulwurf“ ist ausdrücklich kein Reiseveranstalter. Wir arbeiten nicht im Auftrag von Reiseanbietern. Der gemeinnützige Verein erhält keine Provision. Er stellt die Plattform zur Verfügung, auf der sich Reiseinteressierte und -anbieter begegnen. Wir beraten unentgeltlich, telefonisch, per E-Mail oder per Post. Nachdem uns Reisewünsche sowie der Hilfe- und Pflegebedarf benannt wurden, suchen wir passende Angebote und Ansprechpartner heraus. Die Buchung erfolgt dann durch den Anfragenden direkt beim Reiseanbieter. Innerhalb von Berlin kann der „Reisemaulwurf“ bei Bedarf auch persönlich beraten.
Mehr Infos auf der Website, Kontakt per Mail und telefonisch unter 0179 5935 404.
Foto: Reisemaulwurf e.V.
Wer soll hier als nächstes vorgestellt werden? Sie selbst? Jemand, den Sie kennen? Wir freuen uns auf Ihre Vorschläge unter: leute-c.hoenicke@tagesspiegel.de