Nachbarschaft

Veröffentlicht am 20.01.2022 von Christian Hönicke

Helga Hahnemann war die bekannteste Entertainerin der DDR. Mit ihrer Berliner Schnauze verzückte sie ein Millionenpublikum, in Sendungen wie „Ein Kessel Buntes“ oder „Helgas Topp-Musike“.

Dennoch erinnert bis heute kein Straßen- oder Platzschild in Berlin an „Henne“, wie sie liebevoll genannt wurde. Im Bezirk Mitte gab es die Idee einer Helga-Hahnemann-Straße direkt neben dem Friedrichstadt-Palast, in dem Hahnemann ihre größten Erfolge feierte. Doch das Schild mit ihrem Namen, das 2003 aufgestellt wurde, ist verschwunden, schreibt meine Kollegin Julia Weiss im Mitte-Newsletter.

Ein Bauzaun steht vor dem Weg, der einen der größten ostdeutschen Stars ehren sollte. Eine ihrer früheren Weggefährtinnen, die Schauspielerin Angelika Mann, kann es nicht fassen. „Ich finde das ganz furchtbar“, sagt sie. „Alle haben die ‚Henne‘ geliebt, nicht nur im Osten. Andere Städte haben schon längst Straßen und Gebäude nach ihr benannt und wir bekommen es nicht hin.“

Vor rund 20 Jahren gab es den Plan, Hahnemann im Berliner Straßenbild zu ehren. An einem Weg hinter dem Friedrichstadt-Palast wurde ein Straßenschild mit ihrem Namen angebracht. Das war aber nur ein symbolischer Akt, denn eine „richtige“ Straße sollte es erst geben, wenn das Gelände, über den der Weg führte, eines Tages bebaut wird. Mittlerweile drehen sich dort zwar Baukräne, doch von einer Straße für Helga Hahnemann ist nun keine Rede mehr.

Die Idee wurde vom damaligen Eigentümer des Grundstücks, der Fundus-Gruppe, unterstützt. Doch 2014 wurde das Gelände verkauft und der Entwurf änderte sich. „Im Stadtquartier ‚Am Tacheles‘ sind keine Straßen geplant und somit auch keine Helga-Hahnemann-Straße“, heißt es auf Nachfrage des Tagesspiegels. Es seien drei öffentliche Plätze vorgesehen, aber die trügen andere Namen wie zum Beispiel Aaron-Bernstein-Platz.

Das Bezirksamt Mitte plant auch keine Straße für die Künstlerin. „Es gibt keine offizielle Benennung einer Straße im Bezirk – weder privat noch öffentlich –  zu Ehren Helga Hahnemanns“, sagt Pressesprecher Danilo Hafer dem Tagesspiegel. Bei der 2003 symbolisch benannten Straße habe es sich um eine Privatfläche gehandelt, also nicht um öffentliches Straßenland.

Nun soll eine Straße am Stadtrand in Treptow-Köpenick nach Helga Hahnemann benannt werden. Das hatte die dortige FDP-Fraktion zum 30. Todestages der Entertainerin am 20. November 2021 initiiert.

Nichts gegen Treptow-Köpenick, das liegt ja auch dicht an Hahnemanns letztem Wohnort Schöneiche. Aber warum gibt es eigentlich in Pankow keine Bestrebungen, Helga Hahnemann zu ehren? Denn wenn die bodenständige Helga irgendwo wirklich verwurzelt war, dann doch wohl in unserem Bezirk.

Sie wurde 1937 als jüngstes von vier Geschwistern in Wilhelmsruh geboren und lebte lange dort. Sie starb 1991 in Buch und wurde auf dem Friedhof Pankow VII in Wilhelmsruh beigesetzt – in der „Ruhestätte Familie Hahnemann“, wie auf dem Grabstein zu lesen ist. Seit 2010 ist es sogar ein Ehrengrab. Beliebt, verehrt, dazu war sie noch eine Frau – also eigentlich perfekte Voraussetzungen dafür, eine Straße oder einen Platz in ihrem Heimatbezirk nach ihr zu benennen.

Vielleicht erinnern sich Pankows Bezirksverordnete mit Ost-Sozialisation ja doch noch an die olle-dolle Helga und kommen Treptow-Köpenick noch zuvor. Denn wenn schon Henne, denne Pankow – oda? – Foto: Imago

Wer soll hier als nächstes vorgestellt werden? Sie selbst? Jemand, den Sie kennen? Wir freuen uns auf Ihre Vorschläge unter: leute-c.hoenicke@tagesspiegel.de