Intro

von Lisa Erzsa Weil

Veröffentlicht am 27.09.2023

an der Kreuzung Ollenhauerstraße / Lindauer Allee gab es gestern einen Rechtsabbiegerunfall, bei dem ein LKW-Fahrer eine Radfahrerin mit seinem Muldenkipper überrollt und schwer verletzt hat. Nach Polizeiangaben fuhr die 42-jährige Frau auf dem Hochbord-Radweg, sie wollte geradeaus in Richtung S+U-Bahn Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik, als der Laster sie rammte.

Nach dem Unfall wurde die Radfahrerin von der Feuerwehr mit schweren Verletzungen in ein Krankenhaus gebracht. Sie sei ansprechbar, hieß es. Mehr dazu in den „Polizeimeldungen“ weiter unten im Newsletter.

Ich selbst bin kurz nach dem Unfall zufällig auf der anderen Straßenseite vorbeigeradelt und habe die schreckliche Situation gesehen. Dutzende Menschen waren vor Ort, sie hatten bereits den Notruf betätigt und versuchten, zu helfen, wo man nicht viel helfen kann. Der Schock stand allen ins Gesicht geschrieben. Ich fuhr mit wackeligen Knien und Übervorsicht nach Hause.

Ob und wie genau der Unfall hätte verhindert werden können, dazu kann momentan niemand eine seriöse Aussage treffen. Klar ist aber, dass Unfälle zwischen großen motorisierten Fahrzeugen und Fahrrädern naturgemäß eher — gelinde gesagt — zum Nachteil der Radfahrer:innen ausgehen. Und Rechtsabbiegerunfälle sind immer wieder ein Problem, enden sogar tödlich, auch im Bezirk.

Verkehr sicherer zu gestalten, ist auch eine politische Aufgabe. Die sogenannte „Vision Zero“ sieht im 2018 verfassten Berliner Mobilitätsgesetz vor, „dass sich im Berliner Stadtgebiet keine Verkehrsunfälle mit schweren Personenschäden ereignen“. Dies sei „Leitlinie für alle Planungen, Standards und Maßnahmen mit Einfluss auf die Entwicklung der Verkehrssicherheit“, heißt es dort beim Thema „Verkehrssicherheit“.

Das subjektive Sicherheitsgefühl ändert sich je nach Radverkehrsführungsform, das wissen wir. Und dass bessere Radwege die Wahrscheinlichkeit, dass es zu solchen Unfällen kommt, herabsenken könnten, ist naheliegend. Doch wie mein Kollege Jörn Hasselmann schreibt, verweisen Unfallforscher darauf, dass die Gefahr durch Rechtsabbieger auch künftig bleibt.

Egal ob Poller-Radweg oder Hochbord-Radweg: Beide stoßen irgendwann auf Kreuzungen und dann wird es gefährlich: „Je höher die Kreuzungsdichte und je stärker der Radverkehr, desto schwieriger wird es“, so Unfallforscher Siegfried Brockmann.

Beim Schlagwort Ollenhauerstraße kommt natürlich schnell die Debatte rund um den hier geplanten Radweg in den Sinn. Der entsprechende Abschnitt könnte am kommenden Freitag, 29. September, nach monatelangem Hin und Her endlich freigegeben werden, das soll die für Verkehr zuständige Bezirksstadträtin Julia Schrod-Thiel (CDU) im gestrigen Mobilitätsausschuss angekündigt haben.

Der Unfallort allerdings, das stellt die Bezirksstadträtin klar, sei am Kreuzungsbereich Ollenhauerstraße / Lindauer Allee, welcher von der aktuellen Maßnahme nicht umfasst sei. Sie reagierte damit auf die Aussage des FDP-Bezirksverordneten David Jahn, wonach der Unfall mit dem neuen Radweg möglicherweise verhindert worden wäre. „Diese Aussage ist fachlich falsch. Der Unfallort ist vom neuen Radfahrstreifen nicht betroffen“, heißt es aus dem Bezirksamt.

Auch die Bezirksverordnete Kai Bartosch (parteilos) ist gestern am Unfallort vorbeigekommen, hier ihre Aufnahme mit den Worten, „Diese gefährliche Stelle wird nach der Eröffnung des neuen Radwegs bleiben, sagt die Stadträtin im Mobilitätsausschuss.“ Der Ausschuss für Mobilität und Tiefbau tagte gestern Nachmittag.

In der Sitzung habe Bartosch den Unfall angesprochen, gefragt, ob es eine Prüfung gebe, doch kein deutliches Zeichen von der Verkehrsstadträtin erhalten. „Es gibt kein aktives Handeln, das finde ich schon erschreckend“, so die Bezirksverordnete. Würde es auch an dieser Stelle einen eigenständigen Radweg geben, der nicht nur gemeinsam mit dem Gehweg, sondern auf der Straße verläuft, könnte das die Sichtbarkeit vergrößern und die Wahrscheinlichkeit, dass hier weitere Rechtsabbiegerunfälle geschehen, verringern, so Bartosch.

Weitere Reaktionen auf den Unfall: Der Berliner Landesverband des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs ADFC Berlin e. V. forderte unter anderem Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU) zur Freigabe des Radwegs auf der Ollenhauer Straße auf sowie eine bessere Kontrolle der Einhaltung der Schrittgeschwindigkeit beim Kfz-Rechtsabbiegen. Changing Cities e. V. forderte darüber hinaus sichere Kreuzungen in ganz Berlin.

Fahren Sie vorsichtig und sicher, liebe Leserinnen und Leser. Und nun eine angenehme Lektüre.