Kiezkamera
Veröffentlicht am 01.04.2020 von Gerd Appenzeller

Gestrandet in Südafrika und dennoch nicht unglücklich: Familie Janning aus Berlin-Reinickendorf mit ihren Gastgebern im Lockdown, von links nach rechts: Alexandra Ryzhkova, Sven Schulze, Dirk Grove, Marina Grove, Matthias Janning, Katharina Janning, aktuell südlich des Krüger Nationalparks. Und hier ist ihre Geschichte.
Geplant hatte die Familie Janning in Reinickendorf einen Urlaub in Südafrika. Geworden ist daraus ein längerer Aufenthalt, denn eine Rückflugmöglichkeit wird es in absehbarer Zeit nicht geben, dazu sind die Jannings einfach viel zu weit weg von allen Flughäfen. Sie haben aber neue Freunde gefunden, schrieben sie dem Reinickendorf-Newsletter in einer Mail. Hier ist, leicht bearbeitet, der Bericht von Matthias Janning:
„Aktuell befinden wir uns südlich vom Krüger Nationalpark. Die Grenze des Parks ist ca. 800m entfernt. Wir halten uns aktuell im Marloth Park in der Turaco Lodge auf. Meine Frau und ich sind am 13. März in unseren Südafrika Urlaub aufgebrochen. Zu der Zeit war eine solche Verschärfung der Lage zu keiner Zeit vorstellbar. Für uns war es im Prinzip seit dem 21. März, also schon eine Woche später, nicht mehr möglich, das Land zu verlassen. Dies haben wir probiert, indem wir neue Flüge über die Fluglinie Emirats gebucht haben.
Aber diese Flüge wurden ebenfalls 24 Stunden später gestrichen. Einen Kontakt zu den Fluggesellschaften aufzubauen, war unmöglich. Nicht einmal der Flughafen in Johannesburg war zu erreichen. Wir haben aber dennoch Glück gehabt, denn in der Turaco Lodge halten wir uns zusammen mit zwei weiteren Deutschen sowie den Managern Marina & Dirk Grove und deren Tochter und den zwei Kindern auf. Die behandeln uns wie ihre Familie.
Nachdem bekannt gegeben wurde, dass der lockdown kommt, haben der Besitzer der Lodge sowie die Manager sofort entschieden, dass wir für unsere Unterkunft nichts mehr bezahlen müssen. Sie wollten keinen Profit aus unserer Notlage schlagen. Lediglich für unser Essen kommen wir auf. Diese Geste hat uns unglaublich gerührt, denn für die Menschen hier bricht ja gerade die Lebensgrundlage weg.
Unser Leben in der Lodge gestaltet sich abwechslungsreicher als man meinen sollte…Abends kochen wir gemeinsam. Aktuell wechseln wir uns mit den Gerichten ab. Einen Tag deutsch. Einen Tag südafrikanische Kost.
Und nachts können wir die Löwen im Park brüllen hören. Dies ist sehr beeindruckend und eine unglaubliche Erfahrung. Wann und wie wir Südafrika wieder verlassen können ist unklar. Die Botschaft versucht Flüge zu organisieren. Aktuell gibt es jedoch nichts Konkretes. Wir befinden uns fünf Stunden entfernt von Johannesburg, das Militär kontrolliert die Straßen und sorgt für die Einhaltung des lockdown.
Einkaufen ist möglich. Jedoch nur allein, mit Mundschutz und Handschuhen. Ansonsten ist es nicht erlaubt sein Haus zu verlassen… Aktuell kauft eine Person alle drei Tage die notwendigen Dinge für uns ein. Hamsterkäufe gab es hier nicht….Ansonsten versuchen wir das beste aus der Situation zu machen und schließen hier Freundschaften fürs Leben.“
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