Namen & Neues
Finger weg vom Fuchs - und vor allem von der Fledermaus
Veröffentlicht am 30.05.2018 von Gerd Appenzeller
Wilde Tiere sind Wildtiere, die man weder füttern noch streicheln sollte, sonst verlieren sie die Scheu vor den Menschen, machen sich in seiner Umgebung breit, und sind trotzdem immer noch – wild. Das erlebte jetzt ein Frohnauer Familienvater, der eigentlich alles richtig machte und den Fuchs in seinem Garten nicht fütterte. Doch dann passierte es.
Hier ein Auszug aus seinem Brief: „Auf der Homepage habt ihr eine Fotostrecke „Wilde Tiere in Berlin“ (tagesspiegel.de). Nun habe ich nicht mein Herz für die Tierfotografie entdeckt, sondern meinem Anliegen liegt eine andere persönliche Motivation zugrunde. Ich weiß auch, dass es durchaus wichtigere Themen derzeit gibt, aber beim Betrachten der Fotostrecke kam mir dieser Gedanke, da mich das Thema grad persönlich beschäftigt.
In Frohnau, wie die Fotos vermuten lassen in ganz Berlin, gehören Füchse zum Stadtleben dazu. Um unser Grundstück herum hat sich allerdings ein Fuchs breit gemacht, der keinerlei Scheu vor Menschen mehr hat. Das trifft vermutlich auf viele zu, was ja auch die Fotos auf eurer Homepage vermuten lassen. Soweit so schön … nur führte das dazu, dass eben jenes Tier unsere Tochter vor ca. zwei Wochen gebissen hat. Nein … sie hat ihn nicht bedroht, bedrängt oder in die Enge getrieben. Nach erster Panik mit Besuch beim Arzt und in der Tollwutberatung der Charite konnte Entwarnung gegeben werden … es gibt in Berlin seit vielen Jahren keine Tollwut bei Füchsen mehr. Geblieben ist ein tägliches „Fuchs, aua“, schlechte Träume und der Umstand, dass man die kleine Tochter nicht mehr alleine im Garten lassen kann (bei besagtem Vorfall war sie ca. 20 Sekunden alleine auf der Terrasse).
Unser Grundstück hat sich inzwischen in eine regelrechte „Fuchsautobahn“ verwandelt. Die Füchsin hat Jungtiere und alle treiben sich ständig auf unserem und angrenzenden Grundstücken herum. Ich verbringe meine Zeit inzwischen wachehaltend und mit Stöcken und Wasserschlauch bewaffnet im Garten, um den ungebetenen Eindringling zu verscheuchen … was diesen und inzwischen auch seinen Nachwuchs aber zunehmend weniger beeindruckt. Vorgestellt hatte ich mir die Nutzung meines Gartens allerdings anders.
Alle kontaktierten Behörden (Jagdbehörde, Forstamt, zuständiger Stadtjäger) waren sehr schnell, freundlich und kooperativ. Nur können sie derzeit nichts ausrichten, die Füchsin bleibt erst einmal wo sie ist. Frühestens wenn die Jungtiere weg sind, könnte eine Umsiedlung in Erwägung gezogen werden. Ist gesetzlich entsprechend geregelt … sehe ich ein. Es wird allerdings vermutet, und die Details des Beißvorfalls deuten darauf hin, dass der Fuchs/die Füchsin von Menschen gefüttert wird und daher seine Scheu komplett verloren hat, was wohl das eigentliche Problem darstellt.
Nun zu meinem konkreten Anliegen, dass sich durch das Durchklicken der oben erwähnten Fotoserie ergeben hat. Könnte man vielleicht auch mal etwas kritisch auf das Verhalten von Menschen hinweisen und vor allem, dass das Füttern von Wildtieren verboten ist, sanktioniert werden kann und vor allem dadurch solche Fälle wie er uns passiert ist provoziert werden können? Füchse in der Stadt (und vermutlich trifft das auch auf andere Wildtiere zu) sind eben nicht mehr süß, wenn sie jegliche Scheu verlieren, kleine Kinder beißen und man dadurch in seiner privaten Lebensgestaltung stark eingeschränkt wird. Von mir aus können Füchse über mein Grundstück huschen wie sie wollen, sofern sie die natürliche Scheu vor Menschen behalten und ich keine Angst haben muss, meine Tochter auch nur kurz allein im Garten zu lassen.“
Soweit der Brief unseres Lesers. Ich habe daraufhin Patrick Larscheid angeschrieben, Leiter des Gesundheitsamtes Reinickendorf, und ihn gefragt, ob die ärztliche Auskunft bezüglich der nicht mehr gegebenen Tollwutgefahr durch Füchse zutreffend sei.
Hier seine Antwort: „Die Information des Arztes ist tatsächlich richtig. Tollwut kennen wir in Deutschland bei Füchsen praktisch nicht. Ein Fuchsbiss stellt dennoch alle immer vor Probleme, weil diese Tiere eigentlich nicht beißen. Andererseits sind sie mittlerweile durch menschliche Hand in Städten nur noch so wenig ‚wilde‘ Tiere, dass sie sogar die Nähe zum Menschen suchen, der sie oftmals durch Futter noch anlockt. Kommt man dem Fuchs zu nah, beißt er dann doch. Auch in REINICKEN-dorf ist es eben immer noch ein nicht domestiziertes Tier. Die behandelnden Ärzte ergreifen mitunter doch eine Tollwutprophylaxe, weil sie sicher gehen wollen…
Eine Tierart ist dann leider doch Reservoir für den Tollwuterreger: das sind Fledermäuse – diese in Deutschland gehätschelten und geliebten Tiere. Das Berühren reicht bereits für eine Tollwuterkrankung, deshalb Finger weg von verletzten Tieren. Das nur am Rande.
Die Ansteckung mit dem Fuchsbandwurm erfolgt über die ausgeschiedenen Eier. Der bloße Kontakt mit dem Tier reicht vermutlich nicht aus, man muss die Eier irgendwie schlucken. Sie sind kaum sichtbar, dennoch scheint im konkreten Fall das Risiko gering.
Grundsätzlich gilt, dass man sich von nicht domestizierten Tieren fernhalten sollte. Immer und grundsätzlich und überall. Niedlich korreliert nicht mit ungefährlich.“
Sind Füchse in unseren Gärten tatsächlich so etwas wie der Normalfall? Revierförster Frank Mosch, dem ich diese Frage stellt, lachte laut: „Inzwischen gibt es mehr Füchse in Wohngebieten als im Wald. Wenn irgendwo ein verwildertes Grundstück ist, ein Bahndamm, oder ein wilder Wegrain, lassen sie sich sofort nieder, bei den Menschen gibt es genug zu fressen. Beliebt sind auch Schulhöfe.“ Und dann erinnert er sich: Als er noch in Charlottenburg wohnte, hatte er einen Hühnerstall im Garten. Den hätten die Füchse ganz ungeniert inspiziert, obwohl wenige Meter daneben die Menschen beim Grillen saßen. Auch die Gefahr der Tollwutübertragung durch Fledermäuse bestätigt der erfahrene Förster, und warnt davor, junge Fledermäuse einfach mit der Hand aufzunehmen; das reiche schon für eine Infektion…