Namen & Neues

Wechsel im CDU-Vorsitz - wie es weitergeht im Bezirk

Veröffentlicht am 27.02.2019 von Gerd Appenzeller

Nach 18 Jahren als Vorsitzender der Reinickendorfer CDU hat Frank Steffel in der vergangenen Woche den Chefsessel geräumt. Angekündigt hatte er das bereits vier Wochen zuvor – vermutlich, als klar wurde, dass er nicht mehr die notwendige Mehrheit für eine Wiederwahl hinter sich versammeln kann. Zu seinem Nachfolger wurde Bezirksbürgermeister Frank Balzer gewählt, er war der einzige Kandidat und erhielt 83 Prozent der Stimmen. Zu seinen Stellvertretern wählten die Delegierten Katrin Schultze-Berndt mit 82 Prozent, Dirk Steffel, den Bruder des nicht mehr kandidierenden bisherigen Vorsitzenden, mit 81 Prozent und Stephan Schmidt mit 67 Prozent. Mein Kollege Robert Kiesel hat über die Wahl im Tagesspiegel berichtet, hier ist noch einmal der Link zu seinem Report: tagesspiegel.de

Dem Wechsel im Amt des Vorsitzes war offenbar eine sehr deutliche Bekundung der Unzufriedenheit mit der Arbeit von Frank Steffel als Bezirksvorsitzendem vorangegangen. Ihm wurde zu geringe Präsenz vor Ort vorgeworfen, die Partei sei nur noch aus seinem Abgeordnetenbüro heraus geführt worden. Seine häufigen Abwesenheiten – Frank Steffel ist Mitglied des Auswärtigen Bundestagsausschusses – ließen ihm nicht mehr genügend Zeit für die Führung der CDU im Bezirk.

Sein Nachfolger Frank Balzer, Jahrgang 1964, ist im Auftreten robuster als Steffel. Bezirksbürgermeister wurde er 2009, und vermutlich gibt es in Berlin keinen Bezirkschef, der besser ausgebildet und erfahrener im Amt ist als Balzer. Der geborene Reinickendorfer, er wohnt in Hermsdorf, studierte nach dem Abitur an der Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege in Berlin. Der Diplom-Verwaltungswirt arbeitete in zwei verschiedenen Senatsverwaltungen, war persönlicher Referent von Peter Radunski, Senator für Bundes- und Europaangelegenheiten und erfolgreicher Wahlkampfmanager der CDU. Von 1992 bis 1998 war Balzer Mitglied der BVV, wurde 1998 Bezirksstadtrat für Soziales und Sport, dann für Bürgerdienste und ab 2009 auch für Finanzen. Das heißt im Klartext: Balzer kennt die Verwaltung wie seine Hosentasche, und das lässt er nicht nur den politischen Gegner in der BVV, sondern auch schon mal seine Parteifreunde spüren. Frank Balzer fühlt sich überlegen, zeigt das gerne, ist es rein fachlich meistens auch.

Als sicher gilt, dass er Frank Steffel nicht nur als Parteivorsitzender beerben wollte, sondern auch den Einzug in den Bundestag anstrebt. Auch das gab es in Reinickendorf schon: Der Sozialdemokrat Detlev Dzembritzki war von 1989 bis 1995 Bezirksbürgermeister und von 1998 bis 2009 Bundestagsabgeordneter. Sollte Frank Balzer in den Bundestag einziehen, gilt zur Zeit Bezirksstadträtin Katrin Schultze-Berndt als chancenreichste Nachfolgekandidatin für das Amt des Bezirksbürgermeisters. Sie ist eine intensive Arbeiterin, sehr präsent, und ausreichend konservativ, um bei einer CDU, die sich in Berlin als letzte Bastion gegen Rot-Rot-Grüne Dominanz fühlt, starken Rückhalt zu haben.

Dass die CDU alle sechs direkt gewählten Vertreterinnen und Vertreter im Abgeordnetenhaus stellt, ist durchaus ein Beleg für erfolgreiche politische Arbeit. Wenn in sozial problematischen und krisengeschüttelten Gebieten wie Reinickendorf-Ost und Reinickendorf-West CDU-Kandidaten die Direktmandate errangen, geschah da etwas, was man so nicht erwarten konnte. Zumindest in der SPD muss man sich die Frage stellen, warum potentiell sozialdemokratisch-orientierte Wähler sich anders orientieren. Und ein MdB Balzer wird sich vermutlich weniger um Außenpolitik kümmern, als zu versuchen, für die Lösung regionaler Probleme Unterstützung auf Bundesebene zu mobilisieren. Die CSU macht es schließlich seit Jahrzehnten vor, wie man bundespolitischen Einfluss regional nutzen kann.