Namen & Neues

"Eigentlich ist das eine Landstraße"

Veröffentlicht am 04.09.2019 von Gerd Appenzeller

„Eigentlich ist das eine Landstraße“. Kann man in Berlin-Reinickendorf auf der Heiligenseestraße zwischen Tegel und Heiligensee ohne Gefahr für Leib und Leben auch mit dem Rad fahren? Verführt diese breite Straße die Autofahrer zum Rasen? Oder stellen sich die Radfahrer nur hysterisch an? Heizt der Reinickendorf-Newsletter die Leidenschaften unnötig an? Ist der Zustand der Radwege, bzw. der auch für Radfahrer erlaubten Fußwege in diesem Bereich gar nicht so schlimm, wie behauptet. Ganz typisch für diese Einschätzung ist eine Mail von Wolfram Bremerich aus Heiligensee. Er bezieht sich dabei auf eine Mail von K.M. Lütge, veröffentlicht am 21. August, die ich hier noch einmal gekürzt einblende:

  • „Immer, wenn wir Freunde in Konradshöhe besuchen und dahin die Heiligenseestraße in der vorgeschriebenen Geschwindigkeit befahren, werden wir angehupt und mit bis zu 80 km/h überholt. Eigentlich ist die Heiligenseestraße ja nur zweispurig, wird aber vierspurig befahren, wahrscheinlich überwiegend sogar von Heiligenseern selbst…. Welch eine bodenlose Dummheit ist es da, sich so rücksichts- und einsichtslos zu verhalten! Der etwas oberhalb verlaufende Weg ist in schlechtem Zustand, viel zu schmal und gefährlich, bleibt also für Radfahrer*innen nur die Straße.
  • Meine Idee. 1.) Auf jeder Seite entlang der Heiligenseestraße ab Alter Fritz ein verpollerter 2 Meter breiter Radweg. 2). eine ordentliche Fahrbahnmarkierung in der Mitte der Straße. 3.) Eine Anlage zur Durchschnittsgeschwindigkeitsmessung in beiden Richtungen zwischen Alter Fritz und Elchdamm“

Dazu meint Wolfram Bremerich: „Ich bin Heiligenseer und ich fahre regelmäßig auf der Heiligenseestraße. Mit dem Auto!! Auf die Idee, die Heiligenseestraße mit dem Fahrrad zu befahren, käme ich im schlimmsten aller Träume nicht. Ich fahre oft und gerne mit dem Radl nach Tegel. Da gibt es wunderbare Wege durch den Wald links von der Heiligenseestraße und wunderbare Wege rechts von der Heiligenseestraße. Da hört man die Vögel zwitschern und fährt ganz entspannt gen Tegel, und kürzer ist es auch noch.  Der ‚etwas oberhalb verlaufende Weg ist in schlechtem Zustand, viel zu schmal und gefährlich‘, schreibt Herr L. Ich benutze ihn wie gesagt, nur selten, weil ich ja den Wald genießend durch den Forst fahre. Die Aussage, der Weg sei in schlechtem Zustand, zu schmal und gefährlich, kann ich absolut nicht teilen. Bei der geringen Frequenz ist die Breite ausreichend und holpriger als die Heiligenseestraße selbst ist er auch nicht. Der Weg ist o.k.! Autofahrern wörtlich ‚eine bodenlose Dummheit‘ anzudichten, sie als ‚rücksichts- und einsichtslos‘ zu bezeichnen, ist gelinde gesagt, schon ziemlich anmaßend. Das sind in der Mehrzahl doch liberal denkende, intelligente Menschen, die da mit dem Auto entlang fahren, die § 1 der StVO zur Maxime ihres Handelns machen und hin und wieder dem einzelnen Verkehrszeichen eine etwas geringere Bedeutung beimessen. Ich fahre da seit 30 Jahren, zu jeder Tages- und Nachtzeit, aber bodenlos dumm, rücksichtslos und einsichtslos Fahrende begegnen mir da nicht. Im Gegenteil, der Verkehr fließt, Unfälle gibt es da auch nicht, und (beinahe) alles ist gut. Ich stelle mal eine kühne Gegenthese auf: Die Heiligenseestraße ist vom Charakter her eine Landstraße. Auf Landstraßen gilt grundsätzlich ein Limit von 100 km/h. Auf unübersichtlichen, engen, kurvigen Landstraßen kann das Limit reduziert werden, z.B. auf 70 km/h. Ein Schild am Anfang der Straße, ein Schild am Ende der Straße, und schon wären die dummen, rücksichts- und einsichtslosen SUVis wieder brave, verantwortungs- und rücksichtsvolle Automobilisten. Kann man doch auch mal so sehen. Ich weiß, das ist ketzerisch und partout nicht ganz ernst gemeint. Ich will damit nur anregen, den Gedanken mehr Freiraum zu geben, weg von dieser absolutistischen Grundhaltung… (‚Die Welt muss so sein, wie ich das will. Andere nach ihrer Facon glücklich werden zu lassen, kommt nicht in Frage‘). Obwohl unheimlich gerne radelnd, geht mir der aktuelle Radl-Hype schon langsam auf den Keks. Wir sollten die Kirche im Dorf lassen.“ – Text: Gerd Appenzeller
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  • Lesen Sie mehr zur Debatte. Ein Radweg im Wald – und ganz viel Unmut. Muss die Strecke wirklich auf zwei Meter ausgebaut werden? Die CDU greift das Thema auf. Hier mein Tagesspiegel-Text.