Namen & Neues
Warum Frank Steffel wirklich aufhört - meine Reinickendorfer Analyse
Veröffentlicht am 30.10.2019 von Gerd Appenzeller
Warum Frank Steffel wirklich aufhört – meine Analyse für Berlin-Reinickendorf. „Wie ich bereits angekündigt habe, möchte ich Sie nunmehr auch persönlich darüber informieren, dass ich mich entschieden habe, bei der nächsten Bundestagswahl…“ Das alles steht so in einem persönlichen Brief von Frank Steffel, CDU, an die Parteimitglieder. Doch so ganz freiwillig, wie die Mitteilung von Frank Steffel klingt, kommt das Ende seiner Bundestagskarriere nicht. Bereits im Februar diesen Jahres, genauer: am 22. Februar, wählte die Reinickendorfer CDU einen neuen Kreisvorsitzenden. Es ist der Bezirksbürgermeister, Frank Balzer, der 83 Prozent der Stimmen erhielt. Steffel hatte den Kreisverband (eigenes Motto: „In Berlin ganz oben“) 18 Jahre lang geführt und auch hier auf eine neuerliche Kandidatur verzichtet. Der Unternehmer, dem der Entzug seines Doktortitels durch das Präsidium der Freien Universität schwer zu schaffen machte, hatte vermutlich im Laufe der Jahre den Bezug zur eigenen Basis verloren. Da half es ihm auch nichts, dass er ab 2009 drei Mal mit dem prozentual höchsten Stimmenergebnis aller Berliner CDU-Bundestagsabgeordneten das Reinickendorfer Mandat errang.
Ukraine, Japan, Afrika – Reinickendorf? Wo letztlich der Mangel seiner Arbeit aus Reinickendorfer CDU-Sicht lag, machte der neue Kreisvorsitzende Frank Balzer am Abend seiner Wahl am 22. Februar indirekt klar: Er sähe seine größte Aufgabe darin, dafür zu sorgen, dass Reinickendorf nicht links liegen bleibt. Das war nicht nur eine Spitze gegen die ungeliebte Rot-rot-grüne Landesregierung, die aus Reinickendorfer Sicht gerade in der Verkehrspolitik immer nur die Interessen und Probleme der Innenstadtbezirke im Blick hat. Das galt auch Frank Steffel, der im Bezirk immer weniger präsent war, nachdem er Mitglied des Auswärtigen Bundestagsausschusses wurde. Dort wurde er zum Berichterstatter für die Ukraine, das südliche Afrika, Japan und die iberische Halbinsel bestellt. Das war mit einer intensiven Auslandsreisetätigkeit verbunden. Aus seinem Büro verlautete, leicht zerknirscht, dass die Aufgaben im Bundestag ihn so belasten würden, dass für die Vor-Ort-Tätigkeit in Reinickendorf weniger Zeit bliebe. Diese Erkenntnis kam ihm im unmittelbaren Zusammenhang mit einer Reise nach Südafrika.
Traditionell erwarten die Parteien von ihren direkt gewählten Bundestagsabgeordneten aber Einsatz für den Wahlkreis. Der kann durch die Vermittlung wirtschaftlich interessanter Projekte aus Bundesgeldern erfolgen, aber auch in Straßenplanungs- und anderen Verkehrsfragen.
Am Ende half es Frank Steffel auch nicht, dass er den Reinickendorfer Füchsen seit 2015 ein überaus erfolgreicher, ehrenamtlicher Präsident ist. In der Reinickendorfer CDU werden die Karten neu gemischt. Ob Frank Balzer selber Interesse an einer Kandidatur für den Bundestag hat, ist offen. Als Bezirksbürgermeister dominiert er in seiner kompetenten, aber eher kühlen Art, das Geschehen. Ob ihm am Ende der Platz eins im Bezirk lieber ist, als einer von 700 Bundestagsabgeordneten zu sein, weiß er wohl nur selber.
Aber spätestens wenn es für die CDU an die Kandidatenauswahl für die nächste Bundestagswahl geht, wird er Farbe bekennen müssen. Spannend daran wird nicht nur die Personalie sein, sondern auch der Stil, in dem die Entscheidung herbei geführt wird. Bislang hat es die Reinickendorfer CDU, im Gegensatz zu der im Südwesten und der Mitte des alten West-Berlins, immer geschafft, ihre Konflikte nicht auf offenem Markte auszutragen. Dass man auch dabei wenig zimperlich sein kann, darf als bekannt vorausgesetzt werden. – Text: Gerd Appenzeller
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