Namen & Neues
Cité Guynemer: Am Flughafen Tegel stinkt's
Veröffentlicht am 27.11.2019 von Gerd Appenzeller
Cité Guynemer: Am Flughafen Tegel stinkt’s. Wie lange stinkt es noch in der alten Franzosen-Siedlung nordöstlich des Flughafens Tegel, in der Cité Guynemer? Die Anwohner klagen immer wieder nach starken Regenfällen über nasse Keller, und was da schwappt, ist leider kein Trinkwasser… Nun wollen sich alle gekümmert haben in der Politik…
Um was geht es? Dies zu erklären, muss ich Sie, liebe Leserinnen und Leser, bitten, mit mir einen kleinen Ausflug in die jüngste Vergangenheit zu machen. In der Cité Guynemer existiert nur eine völlig unzureichende Abwasserabführung aus der Franzosenzeit, für die sich niemand zuständig fühlte. Die Betriebsgenehmigung für das alte Pumpwerk läuft Ende des Jahres aus. Das Bundesfinanzministerium, in dessen Eigentum 1990 das vor der Wiedervereinigung alliierte Gelände übergegangen war, privatisierte, aber neue Eigentümer gingen pleite. An der unzureichenden Abwasserentsorgung änderte sich nichts, und Bund, Land und Bezirk schoben sich gegenseitig die Verantwortung zu. Dieser quasi gesetzlose Zustand verhinderte aber nicht, dass in der Cité Guynemer fleißig gebaut wurde. Im Juli 2017 berichtete ich zum Beispiel im Newsletter darüber, dass Bürgermeister Frank Balzer mit großer Freude beim Start eines umfangreichen Neubauprojektes anwesend war, es ging um 95 Mietwohnungen, die entstehen sollten.
Newsletter-Leser berichten von katastrophalen Zuständen. Da mich immer mehr Reklamationen der Bewohner der Cité über katastrophale Zustände im Abwasserbereich erreichten, und ich gleichzeitig von Bemühungen des SPD-Abgeordneten Joerg Stroedter hörte, die Situation zu verbessern, berichtete ich im Juni 2019 im Newsletter für Reinickendorf so über den Stand der Dinge:
- „Die Cité Guynemer zwischen Seidelstraße, Flughafensee und dem nördlichen Rand des Flughafengeländes ist eine beschauliche Siedlung aus der Zeit der französischen Stationierung. Unter großen alten Bäumen gibt es schmucke Reihenhäuser und Mietwohnungen. Wäre da nicht der Lärm von den nahen Start- und Landebahnen, man glaubte sich in einen Vorort versetzt. Aber die Idylle hat einen Haken: Die Be- und Entwässerung des Geländes stammt noch aus der Franzosenzeit, sie ist technisch über die Verfallgrenze gealtert, und vor allem gehört sie nicht in den Hoheitsbereich der städtischen Wasserbetriebe, sondern ist Eigentum der Cité-West Immobilien Konzeptions UG i.L. Das heißt, die Zu- und Abwasserleitungen sind Eigentum eines in Liquidation befindlichen Unternehmens, was eventuell zum 31. Dezember 2019 zur Einstellung des Betriebes führen könnte. Was das für eine Wohnsiedlung für Folgen hat, kann sich jeder selbst ausmalen.
- Aber es naht Rettung: Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, die BImA, hatte vor zehn Jahren ihren Wohnungsbestand in der Cité Guynemer verkauft, seitdem fanden keinerlei Instandhaltungsarbeiten an den maroden Ver- und Entsorgungsleitungen mehr statt. Bereits frühzeitig hatte sich jedoch Jörg Simon, der Vorstandsvorsitzende der Berliner Wasserbetriebe, kurz: BWB, zu einem Engagement seines Unternehmens bereit erklärt. Als Retter erwies sich der SPD-Abgeordnete Jörg Stroedter, der bereits für die unter Hochwasser leidenden Bewohner der Mäckeritzwiesen südlich des Flughafens eine Lösung fand. Jörg Stroedter, den ich nach Einzelheiten fragte, schrieb mir: „Die Cité-West Immobilien Konzeptions UG i.L. erklärt per Mail, dass sie sich auch den weiteren Betrieb der Be- und Entwässerung über Jahre hinaus vorstellen können, nachdem es nun ernsthafte Gespräche mit den entscheidenden Stellen gegeben hat. Sie erwarten dann irgendwann die Übernahme der Straßen durch das Land Berlin und im Anschluss daran die Übernahme des Netzes durch die Wasserwerke. Auch die Auswechselung der beiden alten Hebeanlagen gegen neue zeitgemäße Geräte könne noch durch die Cité-West Immobilien erfolgen. Der 31. Dezember 2019 als Termin zur eventuellen Einstellung des Betriebs des Wassernetzes ist für die Cité-West vom Tisch….“Der Vorsitzende im zuständigen BVV-Ausschuss, Ulf Wilhelm, wird in der BVV-Sitzung im August folgendes Ersuchen einbringen: Das Bezirksamt wird ersucht, in der Cité Guynemer keine weiteren Baugenehmigungen nach der Berliner Bauordnung für neu zu bauende Nutzungseinheiten zu erteilen, solange die Untersuchung des privaten Abwasserkanalnetzes durch die Berliner Wasserbetriebe nicht abgeschlossen ist und ein positives Ergebnis zur Kapazität vorliegt.“
Am Tag nach dem Erscheinen des Newsletters erreichte mich am 20. Juni 2019 eine Mail von Walter Fock. Er wohnt in der Cité Guynemer und schickte mir die Kopie eines Briefes, den er an Bezirksbürgermeister Frank Balzer geschrieben hatte. Darin beschwerte er sich darüber, dass der Bezirk nichts für die Besserung der unhaltbaren Zustände tue und schickte Frank Balzer Fotos mit von völlig überschwemmten Kellern. Er habe den Eindruck, schrieb Fock weiter, der Bezirk tue nichts zur Beseitigung der Missstände….
Zeitsprung in den November 2019, das war die Historie. Nun sind wir im Heute. Stroedter war nicht nur der erste, der in der Cité Guynemer aktiv wurde, er blieb es auch. Am 13. November schickte er diese Einladung rund: Am Dienstag, 3. Dezember, gebe es im Club Bouliste in der Rue Doret 8 um 19.30 Uhr eine Veranstaltung mit Jörg Simon, dem Chef der Berliner Wasserbetriebe, Melanie Teuber von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, Roland Türk von der Cité-West Immobilien Konzeptions UG i.L. und Ulf Wilhelm, SPD, Vorsitzender im Stadtplanungsausschuss der BVV. Thema: Lösung der Abwasserprobleme. Bis zu diesem Zeitpunkt war Joerg Stroedter, so weit für mich erkennbar, der einzige Politiker, der sich aktiv um die Sorgen der Anwohner gekümmert hatte.
Zehn Tage nach seiner Mail erreichte mich völlig überraschend eine Mitteilung der CDU-Abgeordneten Emine Demirbüken-Wegner, von der ich bis dahin keine Aktivitäten für die Cité Guynemer bemerkt hatte. Überschrift: Die Lösung zum Wasserproblem in der Cité Guynemer ist auf gutem Weg. Im Text stellt dann Bürgermeister Frank Balzer fest: „Wir haben in diesem Jahr eine Vielzahl an Gesprächen mit den Verantwortlichen geführt. Im Ergebnis stelle ich mit Erleichterung fest, dass die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben BIMA nun endlich begriffen hat, dass sie in der Verantwortung steht, für die Bürgerinnen und Bürger eine abschließende Lösung des Wasserproblems zu erreichen. Die BIMA weiß, dass sie allein eine Menge Geld in die Hand nehmen muß, um ein seit seit fast 20 Jahren währendes Ärgernis zu beseitigen….Die BWB (Berliner Wasserbetriebe) zeigten sich sehr kooperativ. Ihr Vorstandsvorsitzender Simon und ich setzten unsere besten Fachleute ran. Der Bund bzw. die BIMA konnten von der Ernsthaftigkeit und Dringlichkeit der Bürgeranliegen endlich überzeugt werden. Nun werden wir gemeinsam einen Investitions-Fahrplan entwickeln und zielgerichtet auf einen zukunftsfähigen Zustand der Anlagen hinarbeiten.“
Meine Anmerkung: Ich denke, am 3. Dezember wird man bei der Informationsveranstaltung mehr darüber erfahren, wer in der Politik wann was für die Bewohner der Cité Guynemer erreicht hat. Fakt ist, dass Balzer sich seit diesem Jahr gekümmert hat, und dass vermutlich sein Bemühen mit dem des SPD-Abgeordneten nicht abgestimmt, aber dennoch zum gemeinsamen Nutzen der Bewohner der Cité Guynemer gewesen ist. Land und Bezirk müssen bei solchen Fragen ohnedies kooperieren. Schön, wenn es gelänge…. – Text: Gerd Appenzeller
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Dieser Text stammt aus dem neuen Tagesspiegel-Newsletter für Berlin-Reinickendorf. Den gibt es kostenlos und in voller Länge hier leute.tagesspiegel.de
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- Bezirksamt verbietet Plastikgeschirr bei allen Veranstaltungen
- Schüler leiden unter prekärer Verkehrssituation in der Schulzendorfer Straße
- Die AfD und der Reinickendorfer Heimatverein
- Gibt es eine Lösung für die Abwasserprobleme in der Cité Guynemer?
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- Hertha-Stadion in Tegel? So lief die Debatte
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- …und das alles einmal pro Woche, gebündelt und in voller Länge, hier im neuen Tagesspiegel-Newsletter für Berlin-Reinickendorf. Den gibt es kostenlos hier: leute.tagesspiegel.de