Namen & Neues
Einkaufsmeile in Hermsdorf: die Leser-Debatte im Tagesspiegel
Veröffentlicht am 22.07.2020 von Gerd Appenzeller
Die Einkaufsmeile von Berlin-Hermsdorf. In der Heinsestraße kann man gut einkaufen, Fisch, Fleisch, Brot, Bücher, Mode, Apotheken, Drogerien und Märkte, einmal in der Woche der schon nach kurzer Zeit sehr beliebte Wochenmarkt am Fellbacher Platz, dazu eine eingeführte Gastronomie: Alles toll, wenn sich die „Heinse“ nicht zur Durchgangsstraße zwischen Frohnau und der B 96, aber auch Richtung Autobahn entwickelt hätte. Radfahrer, die nicht lebensmüde sind, weichen auf die breiten Gehwege aus, wo sich Fußgänger bedrängt fühlen. Was soll geschehen? Diese Frage stellte ich in der letzten Woche zur Diskussion – und die Resonanz war groß. Hier Auszüge an Leserbriefen an den Reinickendorf-Newsletter. Das Foto machte Jürgen Ritter.
„Es sollte alles so bleiben, denn sonst können ältere Menschen, die auf das Auto auch ohne Behindertenausweis angewiesen sind, keine Einkäufe mehr tätigen, die ihnen über die Jahre zur lieben Gewohnheit wurden. Die Straße würde veröden und die Geschäfte könnten schließen. Ich liebe diese Einkaufsmöglichkeit in der Heinsestraße, so wie sie jetzt ist.“ Silvia Lewrick
„Die Verkehrszustände in der Heinsestraße sind in der Tat seit Jahren katastrophal. Ich selbst bin vor einigen Jahren, schon Tempo 30 fahrend, an einem Werktag in der Mittagszeit in Höhe Rewe/Rossmann ohne Rücksicht auf Fußgänger mit etwa Tempo 50/60 überholt worden. Ich plädiere für eine Vollsperrung in Höhe S-Bahn-Eingang. Etwas anderes bringt keine Besserung“. Wolfgang Marohn aus Lübars
„Wir wohnen in Hermsdorf und müssen natürlich öfter in die Heinsestr. und finden diese verkehrstechnisch schrecklich! Mein Vorschlag: Fußgängerzone, Anlieferung der Geschäfte mit Elektrowagen!“ Klaus Hartmann, Hermsdorf
„Auch ich nutze mit dem Rad den Bürgersteig. Die Straße ist für Autos/Lieferwagen, wenn sie sich entgegenkommen, schon zu eng. Und wenn dann auch noch, wie oft, relativ wild geparkt wird, zu eng. Deshalb ist der Einbahnstraßenvorschlag kein schlechter, allerdings verhindert man damit die Umgehung der B 96 dann jeweils nur in die nicht zu befahrende Richtung. Trotzdem wäre das schon ein guter Punkt. Ein Radweg macht keinen Sinn, weil kaum jemand gerne auf Kopfsteinpflaster fährt. Eine Fußgängerzone ist vermutlich nicht praktikabel, weil dann die Autofahrer vor der Zone halten müssten, um Besorgungen zu machen – dies ginge vermutlich zu Lasten der Läden. Also Einbahnstraße (idealerweise in Richtung Waidmannslust), mit extra Lieferzone und Pflanzkübeln, die man leicht slalomartig platziert; hat in anderen Straßen schon gut funktioniert.“ Holger Schürmann, Fellbacher Platz.
„In der Heinsestraße ist schon Tempo 30 – und das Kopfstein- bzw. Basaltpflaster ist kein Flüsterasphalt. Warum muss man den Autoverkehr so einschränken – wenn man in Westdeutschland die verwaisten Fußgängerzonen sieht, muss einem doch klar werden, dass dies der falsche Weg ist und wir leben nicht in einem Dorf! Ich bin einmal gespannt, was die Befürworter von Radwegen und die so genannten Autogegner im Alter machen, wenn ihre Mobilität nicht mehr gegeben ist… Ich empfinde die Verkehrspolitik in unserer Stadt als Freiheitsberaubung – der neue Sport ist Gegner von Allem zu sein: Flughafen, Straßen, Autos, Parkplätze, Lärm, Kinder, Parties – haben die Menschen vergessen, wie es ist, jung zu sein?“ Alexandra Thierse, Frohnau
„Die Verkehrssituation ist in der Tat schrecklich. Wir nutzen die Einkaufsmöglichkeiten nur, wenn es sein muss: Frischer Fisch, Blumen und Kuchen. Lösung: Einbahnstraße (Richtung Süden!) mit schrägen Parkbuchten auf einer Seite. Daneben gegebenenfalls einen Fahrradweg.“ Bernd Löhning
„Die Diskussionen zur Nutzung der Heinsestraße scheint uns zum guten Teil herbeigeredet zu sein. Als langjährige Anwohner können wir nur sagen – die Heinsestraße kann bleiben, wie sie ist, sie hat sich bewährt und dies insbesondere für die einkaufenden Fußgänger. Mit etwas gegenseitiger Rücksichtnahme, ohne die ohnehin nichts funktioniert, findet schon jetzt jeder seinen Weg und Platz und wird ihn auch zukünftig finden.“ Familie Kruska-Dönitz (wer genau aus der Familie, geht aus der Mail nicht hervor).
„Der Vorschlag, aus der Heinsestraße eine Fußgängerzone zu machen, ist sicher eine nicht ganz neue Idee. Es sollte jedoch bedacht werden, dass dies zum Sterben der Einzelhandelsgeschäfte führt und somit den schon durch Corona geschädigtem Gastronomen und auch Einzelhandel nicht förderlich ist. Sicherlich somit keine Lösung.“ Manuela Seefluth
„Ich war schon vor Jahren dafür, eine Fußgängerzone aus der Heinsestraße zu machen. Das Problem wird sicher sein, dass kein Parkplatz vorhanden sein wird, von dem man aus zum Einkaufen starten kann. Aber grundsätzlich glaube ich, dass die Händler und auch Kunden von der Verkehrsberuhigung profitieren würden, weil man sehr viel entspannter einkaufen könnte. Ich würde jedenfalls viel lieber so einkaufen, als wenn man sich um Autofahrer, Radfahrer u.s.w. schlängeln muss und aufpassen muss, damit man nicht umgefahren wird. Mit dem Auto fahre ich jedenfalls nur im Notfall.“ Annelie Autzen, Hermsdorf.
„Die Fahrradfahrer haben auf den Gehwegen der Heinsestraße schon längst Tatsachen geschaffen. Kaum einer von ihnen ist noch auf der Fahrbahn unterwegs, nicht nur die Jugend während der Schulzeit, sondern auch viele ältere Semester. Die Heinsestraße selbst ist aber auch für alle anderen Verkehrsteilnehmer eine Zumutung, besonders in dem Abschnitt zwischen dem Fellbacher Platz und der Schramberger Straße. Die Straße ist für den Gegenverkehr einfach zu schmal. Neben den dort parkenden und in frei werdende Parklücken rangierenden Autos wird für den Lieferverkehr, manchmal auch ungeniert für kurze Besorgungen, auch häufig in zweiter Reihe gehalten. Ich wäre deshalb dafür, die Heinsestr. zwischen Fellbacher Platz und Schramberger Straße, besser noch bis zur Ampelkreuzung am Hermsdorfer Damm, für den Durchgangsverkehr zu sperren und nur noch den Lieferverkehr zuzulassen, verbunden mit einem breiten Radweg auf der Fahrbahn.“ Klaus Geyer
„Dauerhaft benötigt die Heinsestraße die Benutzung durch jede Art von Verkehrsteilnehmern! Junge Schülerinnen mit Fahrrad und Scooter. Alte, die nicht mehr mit dem Auto fahren und dies auch nicht mehr sollten. Eltern beim mittelschweren Großeinkauf mit ihren extra großen Lastenfahrrädern. Das SUV-Blondchen mit dem Einparkproblemchen. Der Drogenhändler mit dem Benz (tatsächlich schon vor Laufer beobachtet). Der „Normalo“, der mit dem Auto 3 Schrippen am Sonntag Früh um 10.30 Uhr einkaufen fährt. Und so viele mehr! Alle wollen, die meisten sollen auch die Möglichkeit haben. Ginge vielleicht eine Spielstraße? Das würde den Durchgangsverkehr massiv behindern, ließe aber dennoch alle Verkehrsmittel zu. So kommen auch Lehrer zu den Schulen, Feuerwehrfrauen zum Dienst und rüstige Rentner zu ihren Tabletten. Ich selbst könnte dann auch weiterhin meinen gewohnten Weg zu Spreves einschlagen.“ Hakon Fechner, Hermsdorf
Der Bezirksverordnete der Grünen, Andreas Rietz, freut sich, dass die Situation in der Heinsestraße jetzt auch zum Thema gemacht werde. In den Gesprächen, die er mit Bürgern vor Ort führe, stehe die Verkehrsbelastung in der wichtigsten Hermsdorfer Geschäftsstraße bereits seit längerem an erster Stelle. Dann fährt er so fort: „Dem Prinzip folgend, dass in öffentlichen Räumen alle die gleichen Rechte und Pflichten haben, wurde die Idee entwickelt, die Heinsestraße vom Fellbacher Platz bis zum Hermsdorfer Damm als Mischnutzungsfläche verkehrsberuhigt zu gestalten, um so die von allen gewünschte Aufenthaltsqualität zu stärken. Verkehrsräume, die für alle gleichermaßen funktionieren, kommen der ganzen Gesellschaft zugute und haben eine hohe städtebauliche Qualität. Bei diesem Konzept bliebe der Fahrrad- und Fahrzeugverkehr mit Schrittgeschwindigkeit erlaubt, aber die Fußgänger*innen erhalten Vorrang und dürfen die Straße in ihrer ganzen Breite benutzen. Das Straßenprofil wird durchgehend einheitlich gepflastert. Auf speziell gekennzeichneten Flächen werden Behindertenparkplätze ausgewiesen sowie Lieferzonen für den Einzelhandel eingerichtet. Weitere Stellplätze im öffentlichen Straßenraum werden reduziert und zeitlich beschränkt. Es entsteht also keine reine Fußgängerzone, sondern ein gemeinsam genutzter Bereich mit hoher Aufenthaltsqualität“.
Hinweis: Gerne führe ich die Diskussion im Tagesspiegel-Newsletter für Berlin-Reinickendorf weiter, konnte jedoch eine Reihe von Mails nicht berücksichtigen, weil diese nicht namentlich gekennzeichnet waren, und die Mailadresse keine Rückschlüsse auf die Namen der Einsender zulässt. – Text: Gerd Appenzeller
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