Namen & Neues

Waldseeviertel: Anwohner tagten Online

Veröffentlicht am 03.03.2021 von André Görke

Das Hermsdorfer Waldseeviertel könnte eine Idylle sein, wenn es keine Autos dort gäbe – zumindest keine außer denen, die den Anwohnern gehören. Darin sind sich vermutlich die Organisatoren aller drei Bürgerinitiativen einig, die in dem Wohnquartier ihre diversen Interessen artikulieren.

Keinen Durchgangsverkehr aus und nach Glienicke, vor allem keine Berufspendler, wollen die einen. Keine neuen Mauern die anderen. Kein System von Einbahnstraßen, das den Verkehr in je nach Tageszeit wechselnden Richtungen kanalisiert – das sagen alle drei.

Aber so genannte Modalfilter, also Hindernisse für Autos, deren Umsetzung die BVV mit großer Mehrheit gefordert hatte, hält das Bezirksamt für unzulässig und weigerte sich deshalb, das Experiment umzusetzen.

Nun sollte eine Onlineanhörung am vergangenen Donnerstagnachmittag die Gelegenheit zur Artikulation der verschiedenen Ansichten bieten. Das gibt mit Sicherheit Streit und Randale, wurde vorher befürchtet. Und der zuständigen Bezirksstadträtin, Katrin Schultze-Berndt, CDU, die die Modalfilter nicht umsetzen wollte, und stattdessen eine Einbahnstraßenlösung zur Diskussion stellte, wurde im übertragenen Sinne Klassenkeile angedroht. Die erfolgte zumindest vorher verbal, in der erwähnten Ablehnung der Einbahnstraßenlösung durch alle.

Die Anhörung selbst verlief aber zivilisiert und konzentriert. 100 Anwohner und Bewohner tangierter Quartiere in Frohnau nahmen an der Veranstaltung aktiv teil und diskutierten mit. 140 weitere folgten dem Verlauf der Beiträge über den Internet-Stream. Das Bezirksamt will nun weiter zusammen mit der Gemeinde Glienicke – der viele Diskutanten schon im Vorfeld eine reine Verweigerungshaltung vorwarfen – eine Lösung suchen.

Letztlich einig waren sich auch alle darin, dass der Durchgangsverkehr auf die Hauptstraßen gehört und dass der ÖPNV ausgebaut werden muss. Kritisiert wurde zudem die Zersiedlung der Landschaft – aber dass die auch deshalb zunimmt, weil in Berlin nicht genug Wohnraum geschaffen wird, gehört eben auch zu den unangenehmen Wahrheiten.

Mehrere Parteien haben sich zur Verkehrssituation im Waldseeviertel geäußert. Man darf gespannt sein, welche Stimmenverhältnisse sich in diesem Kiez im September sowohl bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus wie auch zur BVV herausbilden werden.