Namen & Neues
Waldseeviertel: Blockade oder Autoverkehr, nur der Bezirk entscheidet
Veröffentlicht am 14.07.2021 von Gerd Appenzeller
Soll im Hermsdorfer Waldseeviertel der Pendlerverkehr aus und nach Glienicke nach der Devise „Die Mauer ist gefallen“ weiter frei stattfinden können, oder soll er durch so genannte Modalfilter gestoppt, beziehungsweise auf andere Straßen umgelenkt werden?
Der Streit darüber entzweit seit Jahren die Kiezbewohner, beschäftigt seit vielen Monaten kontrovers argumentierende Bürgerbewegungen und hat auch schon zu einer Empfehlung der BVV (ohne Gegenstimmen) geführt, der Bezirk soll diese Modalfilter testen. Auf der Basis eines im Auftrag des Bezirks erstellten Rechtsgutachtens lehnt die zuständige Bezirksstadträtin Katrin Schultze-Berndt, CDU, dies genauso wie Bürgermeister Frank Balzer, ebenfalls CDU, ab. Darüber wurde im Newsletter immer wieder laufend berichtet.
Nun legte bereits eine Antwort des Senates auf eine Parlamentarische Anfrage des Grünen-Abgeordneten Harald Moritz nahe, dass der Senat im Gegensatz dazu die Zuständigkeit allein beim Bezirk sieht – darüber hatte ich am vergangenen Mittwoch berichtet, hier ist der Link dazu: Reinickendorf-Newsletter.
Nicht nur Moritz hat das Thema in einer Anfrage aufgegriffen, auch die beiden Abgeordneten der Linken, Katina Schubert und Kristian Ronneburg haben das getan. In der Drucksache 18/27857 kann man das nachlesen, Michael Ortmann aus dem Waldseeviertel wies mich darauf hin. Ortmann ist Sprecher der Initiative für mehr Verkehrsberuhigung im Waldseeviertel, die die Modalfilter fordert.
Wenig überraschend kommt der Senat auch bei der Beantwortung dieser Anfrage zum gleichen Schluss wie bei der Beantwortung der Anfrage des Grünen-MdA Moritz: Über die Sperrung entscheidet der Bezirk.
Besondere Aufmerksamkeit dürfte dabei die Frage 6 finden. Sie lautet: „Ist nach Ansicht des Senats das Berliner Mobilitätsgesetz zur Förderung des Fußverkehrs, insbesondere § 56 Absatz 1, unter besonderer Berücksichtigung des Tegeler Fließ, des Waldsees, des Waldseeparks samt Spielplatz und des Berliner Mauerwegs, im Waldseeviertel anzuwenden?“ Antwort: „Gemäß § 56 Abs. 1 MobG BE soll in Nebenstraßen, in denen das Fußverkehrsaufkommen erhöht ist, Kinderspiel im Straßenraum gefördert werden soll oder Gefährdungslagen für den Fußverkehr vorliegen, der motorisierte gebietsfremde Verkehr durch geeignete Maßnahmen minimiert oder vermieden werden. Die Beurteilung, ob die vorgenannten Bedingungen zutreffen, obliegt dem Bezirk Reinickendorf.“
Und bevor Sie jetzt lange nach dem kompletten Wortlaut des zitierten Artikel 56 des Mobilitätsgesetzes suchen müssen – hier ist er:
- „(1) In Nebenstraßen, in denen das Fußverkehrsaufkommen erhöht ist, Kinderspiel im Straßenraum gefördert werden soll oder motorisierter Verkehr zu Gefährdungslagen für den Fußverkehr führt, soll motorisierter gebietsfremder Verkehr, der weder seine Quelle noch sein Ziel in dem durch Nebenstraßen erschlossenen Gebiet hat, insbesondere durch geeignete straßenrechtliche, verkehrsrechtliche oder bauliche Maßnahmen, wie Quer- und Diagonalsperren, minimiert oder vermieden werden. Im Sinne von § 54 Absatz 2 Satz 1 sollen solche Maßnahmen insbesondere in Bereichen mit besonderer Bedeutung für den Fußverkehr ergriffen werden.
- (2) Die bezirklichen Gremien für den Fußverkehr können die Bezirksämter auf Straßenabschnitte im Nebenstraßennetz hinweisen, in denen Radverkehr auf den Gehwegen die Sicherheit oder das Sicherheitsempfinden im Fußverkehr signifikant beeinträchtigt. Die Bezirksämter konzipieren geeignete Maßnahmen und berücksichtigen dabei insbesondere die Vorgaben von § 21 Absatz 1. Dabei beteiligen sie die bezirklichen Gremien für den Fußverkehr und die bezirklichen FahrRäte“.