Namen & Neues

Tegeler Anti-Corona-Protestmarsch

Veröffentlicht am 26.01.2022 von Lisa Erzsa Weil

Erneut sind in Alt-Tegel am Montag Menschen auf die Straße gegangen: Knapp 2000 Menschen demonstrierten gegen bestehende und künftig drohende Coronamaßnahmen, zum von Omas gegen Rechts organisierten Gegenprotest kamen 250-300 Menschen, um wiederum ein Zeichen für Solidarität gegen Corona zu setzen. Damit haben sich beide Gruppengrößen im Vergleich zur Vorwoche vergrößert, besonders die der Anti-Corona-Demonstranten. Unter diesen waren nun auch vermehrt vermeintliche Feuerwehrleute zu sehen – Menschen mit weißen Feuerwehrhelmen, manche in Jacken mit der Aufschrift „Feuerwehr“. Bis zum Redaktionsschluss hat die Berliner Feuerwehr noch nicht auf unsere Anfrage reagiert, ob es sich dabei wirklich um Feuerwehrleute handelt.

Der Gegenprotest versammelte sich wie bereits vergangene Woche um 18 Uhr an der Berliner Straße Ecke Gorkistraße, während die Anti-Corona-Demonstranten sich vor dem C&A trafen, auf der Berliner Straße Richtung Hallen am Borsigturm und wieder zurück zogen. Auf den Schildern der Teilnehmer:innen des Gegenprotests stand zum Beispiel „Impfen statt schimpfen”, „Geht impfen, mir ist kalt” oder „Gemeinsam gegen Corona”. Die sich selbst als „Montagsspaziergänger“ bezeichnende Gegenseite hatte dagegen Sätze wie „Selbstbestimmung statt Impf-Faschismus“, „Impfpflicht = Vergewaltigung“, „Gib Gates keine Chance“ und „Wir sind das Volk, wir sind in Liebe, und wir sind mehr“ auf ihren Plakaten stehen. Auch gab es diesmal offenbar den Versuch, die Idee der Omas gegen Rechts zu kapern, denn auf einem Plakat stand „Omas und Opas gegen Staatswillkür und Tyrannei“ in einer den Schildern der echten Omas täuschend ähnlich gehaltenen Typografie. Laut Polizeibericht nahmen die Einsatzkräfte am Montag „20 Personen, darunter drei Frauen und 17 Männer vorläufig fest“. Wegen des Verstoßes gegen die Maskentragepflicht seien 19 Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet worden.

Unterstützt wurden die Omas gegen Rechts erneut von den Reinickendorfer Ortsverbänden von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke. Letzte Woche hatte ich in einer Überschrift fälschlicherweise den Eindruck vermittelt, die Reinickendorfer „Ampelparteien“ hätten gemeinsam mit den Omas demonstriert. So ganz stimmt das nicht: Einzelne Reinickendorfer Vertreter der FDP waren in der vergangenen Woche zwar vor Ort, offiziell als Partei nahm die FDP jedoch nicht am Gegenprotest teil. Von der CDU kamen diese Woche dem Vernehmen nach einzelne Politiker – die Junge Union Reinickendorf solidarisierte sich auf Instagram offen mit den Omas und war mit Mitgliedern vor Ort, unter anderem mit Plakaten mit dem Satz „Hass macht hässlich“.

Kai Bartosch, Co-Vorsitzende der Linken und Mitglied der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) schrieb im Vorfeld in Vertretung von Omas, SPD, Grünen und ihrer eigenen Partei, dass es auch bei diesem Protest nicht darum ginge, die „Aggressivität der ,Spaziergänger'“ anzustacheln, deshalb wolle man beim Vorbeiziehen der Anti-Corona-Demonstranten wie bereits letzte Woche nur die eigenen Plakate hochhalten und schweigen.

Im Nachgang beschrieb sie, dass viele Teilnehmer:innen des Gegenprotests die Stimmung der Anti-Corona-Demonstranten als aggressiver empfunden hätten als vergangene Woche: „Sie riefen irres Zeug wie ,macht die Augen auf‘, ,wir leben in einer Diktatur‘, ,schämt euch‘, ,vom wem werdet ihr bezahlt?‘ und machten ,Määh-Geräusche'“, deshalb sei Bartosch froh gewesen über die Polizisten, die die Anti-Corona-Demonstranten daran hinderten, ihnen nahezukommen. In der Pause habe es über eine Lautsprecheranlage dann Reden und Musik sowie Tee und Kekse gegeben. Für die kommenden Wochen erhoffen sich die Gegendemonstranten noch mehr Beteiligung der Reinickendorfer:innen: „Wir werden auch weiterhin jeden Montag gemeinsam gegen ,Tegel steht auf‘ auf die Straße gehen“, so Bartosch.

  • Hauptsache dagegen: Rechtspopulisten und Verschwörungsmythiker mobilisieren ähnlich wie bei Corona jetzt immer öfter gegen den Klimaschutz. Auf Hetze und Taktik dieser Klimakrisen-Leugner schauen Extremismusexperte Toralf Staudt und Sozialpsychologin Pia Lamberty im Tagesspiegel-Klimapodcast Gradmesser. Und sie sagen auch, wie man ihnen entgegentreten kann. Den Podcast finden Sie hier.