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Causa Waldseeviertel: Runder Tisch zur Verkehrssituation zwischen Hermsdorf und Glienicke/Nordbahn

Veröffentlicht am 30.11.2022 von Lisa Erzsa Weil

Es ist eine verfahrene Situation im Hermsdorfer Waldseeviertel und besonders in der Schildower Straße an der Grenze zu Glienicke/Nordbahn, das schon zu Brandenburg gehört. Insgesamt drei Bürgerinitiativen, Dutzende Kommunalpolitiker:innen und Verkehrsplaner:innen kämpfen hier seit Jahren um eine Lösung. Das Problem: die Verkehrssituation. Die Lösung: Verkehrsberuhigung. Nur wie?

(Sehr) vereinfacht gesagt stören sich die in erster Linie pendelnden Autofahrer:innen auf der Strecke zwischen Berlin und Brandenburg an den Radfahrenden, die wiederum stören sich an den Autofahrenden, und die Fußgänger:innen können weder in Ruhe auf dem Gehweg spazieren, auf den sich die Fahrradfahrer:innen retten, noch trauen sie sich, die Straße zu überqueren, auf der die Autos gern auch mal über dem Tempolimit von 30 km/h fahren. Obendrein lässt auch der ÖPNV, mit dem Anwohnende aus Reinickendorf, Glienicke und anderen Gemeinden in der Region zum S-Bahnhof Hermsdorf möchten, zu wünschen übrig.

Ganz so einfach wie oben beschrieben ist es natürlich nicht, denn ob per Rad, Auto, Fuß oder mit dem Bus: Die vielen aufeinanderprallenden Wünsche und Ansprüche sind komplex und können unmöglich im Interesse aller befriedigt werden. Die einen wollen eine Fahrradstraße oder einen Kiezblock mit Modalfiltern, beispielsweise Blumenkübel oder Poller; die anderen befürchten eine Überlastung der B96 oder anderer Nebenstraßen, eine Verdrängung ihres jeweiligen Verkehrsmittels, dass Ärzt:innen und Handwerker:innen nicht durchkommen – ja, sogar der Wiederaufbau der Mauer wird heraufbeschworen.

Um einem Konsens zumindest näherzukommen und den Betroffenen und Interessierten ein Forum zum Austausch zu geben, wurde vor anderthalb Jahren der erste Runde Tisch einberufen – das Format ging am gestrigen Dienstag in die zweite Runde. Dabei luden der Bezirk Reinickendorf und die Gemeinde Glienicke/Nordbahn von 17:30 Uhr bis 20 Uhr in die Alte Halle in Glienicke ein.

Die Moderation wurde – im Gegensatz zum ersten Runden Tisch, der online stattfand – unabhängig durch die Kommunalberatung „Complan“ im Auftrag des Kommunalen Nachbarschaftsforums Berlin-Brandenburg durchgeführt. Bei dem Gespräch im Fishbowl-Format saßen Reinickendorfer und Glienicker Vertreter aus der Kommunalpolitik vorn im Halbkreis beisammen, mit dabei auch Bezirksstadträtin Korinna Stephan (Bündis 90/Die Grünen) sowie der Glienicker Bürgermeister Hans-Günther Oberlack (FDP). Zwischendurch kamen auch die Bürgerinitiativen zu Wort – und Anwesende, die sich mit ihren Wortmeldungen beteiligen wollten.

Gesprächsgrundlage bildete unter anderem das Interkommunale Verkehrskonzept Niederbarnimer Fließlandschaften, welches durch die Gemeinden Glienicke, Mühlenbecker Land, Birkenwerder und Hohen Neuendorf in Zusammenarbeit mit dem Bezirk Reinickendorf erarbeitet und vor knapp einem Jahr fertiggestellt wurde. Auf Berliner Seite steht wiederum der Radverkehrsplan mit einem Radverkehrsnetz – so gibt es, wie Stadträtin Stephan hervorhob, „erstmals auf beiden Seiten verbindliche Pläne.“ Und Bürgermeister Oberlack kommentierte: „Es ist durchaus so, dass Berlin und Brandenburg zusammenarbeiten.“

Der Runde Tisch sollte, so Stephan, auch Startschuss für die Sanierungsmaßnahmen der Schildower Straße sein. Die Fahrbahn ist dort an vielen Stellen in schlechtem Zustand, Sicherheitsmarkierungen schlecht sichtbar. „Dabei werden wir alle Vorkehrungen für eine potenzielle Fahrradstraße treffen“, sagte die Stadträtin. Im Idealfall würden Auto- und Fahrradverkehr zusammengeführt – dies forderte auch ein Anwohner, der angab, täglich von Glienicke aus mit dem Auto über die Schildower Straße zu pendeln. Doch es herrsche Platzmangel, erklärte Stephan.

Eine Fahrradstraße aber wäre im Waldseeviertel möglich, erklärte die Bezirksstadträtin, denn sie funktioniere überall dort, wo Radverkehr die vorherrschende Verkehrsart ist, diese sein wird oder sinnvoll wäre. Ein Mann aus Glienicke, der sich zu Wort meldete, fand: „Es geht darum, zur S-Bahn Hermsdorf pendeln zu können, und dafür wäre eine Fahrradstraße die perfekte Verbindung.“ Seiner Meinung nach sei die Maßnahme im Sinne der Verkehrswende und könnte dazu führen, dass bisherige Autofahrende aufs Rad umsteigen. Eine andere Person ergänzte dabei auch den Punkt der Verkehrssicherheit für radfahrende Kinder.

Die Idee deshalb als Fazit des Runden Tisches: Eine Fahrradstraße soll zumindest erprobt werden – „dann können wir weiter eruieren, was klappt“, so Stephan. Fotos: Lisa Erzsa Weil

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