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„Lübars gegen rechts“: Anwohner:innen und Initiativen stellen sich asylfeindlichen „Die Heimat“-Demos entgegen
Veröffentlicht am 25.10.2023 von Lisa Erzsa Weil
Bis zu sieben erwachsene Menschen von der rechtsextremen Kleinpartei „Die Heimat“, vormals NPD, hielten es am Samstagvormittag für anständig – und hatten offenbar nichts Besseres zu tun – , vor insgesamt drei Geflüchtetenunterkünften im Bezirk aufzumarschieren. Am Zabel-Krüger-Damm, am Göschenplatz sowie vor dem Gelände der ehemaligen Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik, wo sich ein Ankunftszentrum befindet, stellten sich die Männer von einem Fotografen begleitet auf, schwenkten eine Partei-, eine Deutschland- sowie eine alte Berlin-Flagge und hetzten auf einem Transparent gegen Asylsuchende.
Unter anderem hielten sie es vor einer Einrichtung für unbegleitet geflüchtete, minderjährige Mädchen in Lübars hoch. Auf dem Transparent forderten sie hetzend, „illegal eingereiste Jugendliche abschieben!“. Nur war das vor lauter Schildern, Fahnen und bunten Regenschirmen kaum zu lesen. Denn die „Omas gegen Rechts“ hatten eine Gegenkundgebung angemeldet.
Neben ihnen hatten unter anderem das Netzwerk „Wir –Willkommen in Reinickendorf“, das Bündnis „Reinickendorf aktiv für Demokratie und Vielfalt“ sowie das „Reinickendorfer Bündnis für Solidarität und gegen rechte Unterwanderung“, Aktivist:innen der Mobilisierungsplattform „Berlin gegen Nazis“, die Kirchengemeinde Lübars, Mitglieder von den Grünen und der Linken und viele mehr zur Gegendemo mobilisiert. Wie die Polizei dem Tagesspiegel mitteilte, waren es in der Spitze 50 Personen, die gegen die Rechtsextremen protestierten.
„Lübars gegen rechts“, „Menschenrecht auf Asyl“, „Lübars für alle“, „Kein Platz für Nazis“, „Gemeinsam für Vielfalt und Respekt“ und mehr stand auf den Plakaten der Gegendemonstrant:innen, am Zabel-Krüger-Damm waren darunter mehrere Anwohner:innen. Im Vorfeld wurde kolportiert, dass die Vertreter:innen der rechtsextremen „Die Heimat“ die Demo nutzen wollen, um Geflüchtete an den Unterkünften vor Ort zu fotografieren oder zu filmen. „Wir haben mit den Betreibern der Unterkünfte gesprochen und sie gewarnt, damit die Bewohner in dieser Zeit nicht rauskommen“, sagte Hinrich Westerkamp, Co-Fraktionsvorsitzender der Reinickendorfer Grünen, dem Tagesspiegel.
Verliefen die Proteste ruhig oder gab es Zwischenfälle? Laut Westerkamp kam es am Göschenplatz zu einem Vorfall, bei dem eine Gegendemonstrantin einen der „Die Heimat“-Vertreter bespuckte. Das konnte uns auch die Polizei bestätigen. Bei dem Vorfall sei es zu einer Strafanzeige gegen eine 17-Jährige gekommen. Westerkamp und die Omas gegen Rechts distanzieren sich von solchem Verhalten. „Das geht gar nicht.“ Darüber hinaus, so die Berliner Polizei, verlief der Samstag aber weitestgehend störungsfrei.
„Die Heimat“, wie die rechtsextreme Kleinpartei NPD nach ihrem Rebranding im Juni heißt, hat sich in den vergangenen Monaten aktiver und aggressiver im Bezirk gezeigt. Nach Zahlen des Verfassungsschutzes für das Jahr 2021 verfügt sie über etwa 3150 Mitglieder bundesweit, mit deutlich sinkender Tendenz. Angesichts auch interner Konflikte sei ein „Ende des personellen, finanziellen und strukturellen Erosionsprozesses“ nicht abzusehen, hieß es im Verfassungsschutzbericht vor einem Jahr.