Kiezgespräch
Veröffentlicht am 21.10.2020 von Gerd Appenzeller
Die Gesundheitsämter können nicht mehr jede Corona-Meldung nachverfolgen, dazu ist die Zahl einfach zu groß geworden. Das betrifft auch Reinickendorf. Ich befragte deshalb Patrick Larscheid, den Leiter dieser Behörde in unserem Bezirk, was das bedeutet. Verlieren er und seine Kolleginnen und Kollegen den Überblick über die Ansteckungswege? Hier seine Antwort:
„So schwarz würde ich nicht malen, und so schlimm ist es eigentlich auch nicht. Im Moment nehmen wir wahr, dass es kaum noch gelingt, Ansteckungsquellen größerer Art festzustellen. Damit meine ich z.B. Veranstaltungen, Familienfeiern oder ähnliches. Noch immer versuchen wir, jeden einzelnen Fall gründlich zu ermitteln, befinden uns aber gedanklich bereits in einer Umstellungsphase. Dann werden wir einfach irgendwann schematischer und wenden die Menge an Ermittlungsaufwand, die wir bisher für jeden Fall betrieben haben, nur noch auf die Fälle an, wo wir eine große Gefährdung durch die Erkrankung sehen.
Wir möchten nur eben diejenigen, die besonderen Schutz brauchen, weil sie eventuell mit Ansteckung nicht gut umgehen können, in den Mittelpunkt unseres Handelns stellen. Dazu gehört der besondere Schutz von in Pflegeeinrichtungen lebenden Menschen und der von Menschen mit Behinderungen, oder chronisch Kranken.
Wir stellen uns als Berliner Amtsärzteschaft insbesondere ein stärkeres Einwirken auf das Pflege- und Betreuungspersonal vor. Dazu gehört ein priorisiertes Impfen, wenn ein Impfstoff verfügbar ist für diese Personengruppen. Außerdem denken wir an eigene Testkonzepte für das Betreuungspersonal.
Wir sind absolut dafür – damit die psychosoziale Gesundheit von betreuten Menschen nicht leidet – dass hier auch ein besonderer Schwerpunkt auf das Ermöglichen von Besuch in Einrichtungen gelegt wird, denn mit entsprechenden Konzepten ist der Besuch nicht nur sicher, sondern er stellt für die Gesundheit der in Pflegeeinrichtungen lebenden Menschen einen nicht zu unterschätzenden Faktor da.
Wir halten es für grausam, wenn man alte und kranke Menschen von ihren Angehörigen abschneidet. Epidemiologisch ergibt es ohnehin keinen Sinn und deshalb muss man auf die sichere Durchführung von Besuch achten.“
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