Intro

von André Görke

Veröffentlicht am 27.05.2024

morgen gibt’s wieder Käsestulle und starken Kaffee: Am Mittwoch ist Bezirksverordnetenversammlung. Wer einen der 100 harten Holzstühle im Rathaussaal ergattern will, sollte spätestens 17 Uhr auf der Tribüne sein – dann geht’s los. Die Tagesmappe ist prall gefüllt und steckt voller Ideen: diesmal 210 Seiten. Hier einige der Themen, die ich für Sie rausgefischt habe.

Konrad-Birkholz-Platz statt Dorfplatz. Neulich stand’s im Spandau-Newsletter, jetzt macht die CDU um Arndt Meißner ernst: Sie stellt offiziell den Antrag, den namenlosen Dorfplatz in Kladow nach Konrad Birkholz zu benennen. Der war von 1995-2011 Bürgermeister in Spandau, so lange wie kein anderer. „Seine Bürgernähe und stete Präsenz in den Straßen Spandaus brachte ihm den Kosenamen ‚Dorfschulze‘ ein, den er so stolz und gerne trug wie die Bürgermeisterkette oder seine Fliege mit dem Spandau-Wappen“, schreibt Meißner. Die Mehrheit im Rathaussaal gilt als sicher, allerdings muss Tempo gemacht werden: Der Platz soll im Frühjähr 2025 umbenannt sein – zehn Jahre nach Birkholz‘ Tod. Am Dorfplatz wächst bereits die Birkholz-Eiche.

Erich Meier soll ein Ehrengrab bekommen. Erinnert werden sollte auch an einen anderen Spandauer: Erich Meier, den die Nazis furchtbar misshandelt haben. Dessen Grab in den Kisseln sei ein „Mahnmal und eine wichtige Erinnerungsstätte“ und sollte den Status eines Ehrengrabs bekommen, fordern Ina Bittroff und Carsten Tuchen, beide SPD, sowie Lars Leschewitz und Elmas Wieczorek-Hahn, beide Linke, in einem gemeinsamen Antrag. Vorteile: „adäquate Grabpflege, Instandhaltung der Grabstätte, Verlängerung des Nutzungsrechts…“. Meier, gerade mal 22 Jahre alt, legte sich einst mit Gauleiter Joseph Goebbels in der Pichelsdorfer Straße an – und wurde kurz nach der Machtübernahme von den Nazis aus seiner Laube an der Falkenhagener Chaussee geholt, wo er sich versteckt hatte. Die Nazis verprügelten ihn, zertrümmerten seine Hoden, rissen ihm die Haare heraus, schlugen ihm die Zähne ein und jagten schließlich auf den Rieselfeldern an der Potsdamer Chaussee zehn Kugeln in seinen Körper. Und wie alt ist Ihr Kind?

AfD-Politiker will Stadtrat werden. Er war von 2016 bis 2021 als Stadtrat an der Macht und will zurück auf den Chefsessel: Doch Andreas Otti, AfD, findet einfach keine Mehrheit bei der Abstimmung im Rathaussaal. Er stellt sich am Mittwoch zum 23. Mal in Folge zur Wahl. Letztes Mal bekam er eine Stimme mehr als die AfD-Fraktion selbst Stimmen hat: 7 sagten Ja – der Rest war nicht dafür (40 Stimmen). Und diesmal?

Was wird bloß aus Karstadt in der Altstadt? Gleich drei Anträge im BVV-Saal widmen sich dem Kaufhaus in der Fußgängerzone, das in drei Monaten schließen soll. Café und Lebensmittel-Etage sind bereits dicht, neulich waren auch die Schaufenster bei Karstadt komplett leer. Die Hoffnung auf Rettung – bis zur nächsten Insolvenz – ist zu wenig. Deshalb haben Bürgermeister Frank Bewig, CDU, Vize Carola Brückner, SPD, und auch die Linke ihre Ideen zur Nachnutzung hier im Spandau-Newsletter in den Ring geworfen: „Universität, neue Kulturhalle, Bezirksamt mit Publikumsverkehr, Ausweichquartier für die Altstadt-Bücherei, kommunales Versorgungszentrum…“ Nächste Idee: Die SPD-Fraktion nennt Karstadt am Weddinger Leopoldplatz als mögliches Vorbild. Der Klotz wurde 2022 geschlossen und soll umgebaut werden („verkleinertes Kaufhaus mit Wohnungen, Büros, Räumen für gemeinwohlorientierte Nutzungen, Dachgärten, Bistros und Geschäften“).

Ja zu Boulebahnen. Die FDP um Matthias Unger wirft noch eine interessante Idee in den Rathaussaal (zum Glück keine Boulekugel!): Der Bezirk solle mindestens zwei frei zugängliche Boule-Anlagen schaffen, „mit Bänken und ggf. mit Unterstützung von Sponsoren“. Denn: „Boule ist in Spandau unterrepräsentiert“.

Moment, neue Boulebahnen? Mit Sponsorengeldern? Dazu läuft im Hintergrund eine Geschichte, die auffällig gut zum Antrag der FDP passt.

Im Sommer soll eine neue Boulebahn in der Landstadt Gatow entstehen. Das Grünflächenamt um Thorsten Schatz, CDU, ist längst involviert und die Entstehungsgeschichte geht laut Anwohner Joachim Weiß so: „Ein befreundetes Ehepaar, Cornelia und Norbert Lünnemann, sprach uns auf die Möglichkeiten zum Bau einer Boulebahn in Kladow an“, erzählte mir Newsletter-Leser Weiß, der sich vor Ort auch sonst engagiert. „Es wurde der wirklich sehr schöne Spielplatz in der Landstadt Gatow vorgeschlagen. Herr Lünnemann erstellte einen Plan, beantragte die Umsetzung des Vorhabens beim Bezirk und spendete wie wir 1000 Euro.“ Mitte April gab’s eine Ortsbegehung, im Frühsimmer solle die Ausbildungsgruppe des Grünflächenamtes loslegen, so Anwohner Weiß.

Warum die Boule-Idee so besonders ist. Joachim Weiß war früher Bundeswehr-Offizier und nach eigenen Angaben 14 Jahre für den Bereich politische Bildung zuständig, deshalb hebt er das kleine Kladower Boule-Projekt ein paar Ebenen höher und wird grundsätzlich: „Die Demokratie lebt vom Engagement ihrer Bürger. Genau das ist hier der Fall. Bürger möchten etwas einbringen und bringen sich ein. Die Verwaltung nimmt den Impuls auf und prüft das Anliegen. Gemeinsam wird über die Umsetzung gesprochen, gemeinsam wird etwas Gutes für die Gemeinschaft errichtet“ – in diesem Fall eine Boulebahn.