Kiezkamera
Veröffentlicht am 21.07.2020 von André Görke

Das Grab von Heidi Hetzer wird zum Kunstwerk. Diese Frau kannte jeder in der Stadt: Heidi Hetzer, Opel-Legende und Rennfahrerin, gestorben am 21. April 2019 im Alter von 81 Jahren. In ihrer Kindheit kurz nach dem Krieg besuchte sie die Grundschule am Windmühlenberg in Gatow. Dorthin zogen sie, nachdem ihr Haus in der City West in Schutt und Asche lag. „Damals zogen wir in unser Sommerhaus in Gatow“, berichtete sie in ihrem Buch „Ungebremst leben“. „Das hat heute noch einen fast dörflichen Charakter, damals kam es uns so vor, als zögen wir aufs Land. Es gab dort Natur, Bauern, Felder, Pferde. Eine wunderschöne Welt im Gegensatz zum zerschossenen Berlin, wo es nach Staub roch und die Menschen wie dunkle Geister durch die Straßen und Ruinen liefen. In Gatow half man sich gegenseitig. Die Bauern hatten Kartoffeln, Vati hat irgendwelche Autoteile und half, den Traktor wieder in Gang zu bringen.“ Erst fünf Jahre später zog die Familie zurück zur Deutschen Oper. Gatow blieb im Herzen. Mit dem Regierenden Klaus Wowereit fuhr sie später mal im Cabrio durchs Dorf.
Die beiden Fotos oben habe ich am Sonntag gemacht. Das untere zeigt den Friedhof mit der Kirche von Gemeindepfarrer Mathias Kaiser (1300 Mitglieder). Das obere Foto zeigt das Familiengrab. In der Mitte liegt der Grabstein mit Hetzers Namen – und darauf eine Info-Tafel.
„Es war Heidis letzter Wunsch: auf dem Friedhof Gatow, einfach alle Pokale, zusammengepresst wie ein Auto aus der Schrottpresse – so hat sie sich ihren Grabstein gewünscht“, schreibt Künstler Carsten Tarrach. „Derzeit werden die letzten Schichten vergossen und wir alle, die Erbengemeinschaft und 19 beteiligte Firmen und letztlich alle Freunde und Fans dürfen gespannt sein auf den Tag der finalen Errichtung.“ Der „Pokale-Stein“ werde in Spezialharz gegossen und härte dann aus. Am Ende werde er über 100 Kilo schwer sein. „Ein farbloser, glasklarer Block, möglichst ohne Luftblasen, um einen ungestörten Blick auf das Pokalensemble zu ermöglichen“, schreibt Professor Christian Dreyer vom Frauenhofer-Institut in Potsdam, der das Projekt mit der Technischen Hochschule Wildau ermöglicht. Wann das Kunstwerk zu sehen ist? Das weiß ich noch nicht. Dazu bald mehr im Spandau-Newsletter.
Gatow in Bildern: Die große Tagesspiegel-Fotostrecke. – Text: André Görke
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