Kultur
"Kein Klamauk": Zitadelle plant Museum in Kladow
Veröffentlicht am 19.03.2019 von André Görke
Lust auf ein schnelles Kulturgespräch? Gerne, bitte. Am anderen Ende der Leitung: Urte Evert, 44, Museumschefin der Zitadelle.
Frau Evert, es gibt seit ein paar Tagen das wilde Gerücht, dass Rammstein bei Ihnen gesichtet wurde. Stimmt das?
„Ja, stimmt, sie haben bei uns ihr neues Musikvideo aufgenommen, im Februar war das. Ich bekam die Anfrage im Urlaub, habe mich riesig gefreut und sofort zugesagt. Rammstein haben einen Tag und eine Nacht bei uns in der Zitadelle gedreht – mit Nebelmaschinen in der ‚Enthüllt‘-Ausstellung, mit Nahaufnahmen der großen Figuren, mit Lichtshow und Kerzen. Und der Fantasy-Mittelalter-Dreh fand in der Bastion Kronprinz statt. Das ist weltweite Werbung für die Zitadelle. Und ein bisschen cool ist’s ja auch, wenn Rammstein Spandau entdeckt, oder?“
Die Nachrichten waren zuletzt eher andere. Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten beklagt einen deutlichen Besucherrückgang. Wie sieht’s bei Ihnen aus?
„Moment, ich suche die Zahlen mal raus … hier sind sie … 184.300 waren es im Jahr 2017, ein Jahr später waren es 193.200. Unsere Zahlen steigen also.“
Ihr Angebot wandelt sich enorm: In der Zitadelle gibt es ab Mai einen Familientag, Kinder sitzen staunend in der interaktiven Tiergarten-Schau, sie bieten Fahrradtouren zu Denkmälern an und …
„Nicht falsch verstehen: Wir machen keinen Klamauk, wir sind kein Eventveranstalter. Wir sind ein Museum mit Niveau, das aber trotzdem nicht so trocken daherkommt, wie eine begehbare Fußnote in einem wissenschaftlichen Aufsatz. Bei uns wird echtes Wissen vermittelt, aber nicht auf Wikipedia-Niveau. Sie müssen diese wissenschaftliche Arbeit anreichern und lebendig darstellen – allein mit Licht können Sie viel mehr Lust auf ein Museum machen. Ich würde auch gern mehr Werbung machen, gern mal so dreist-verspielt wie die BVG. Die U7 als unsere Haus-U-Bahnlinie bietet sich wunderbar an. Tja, schade, dafür fehlt mir leider das Geld.“
Und was gibt’s sonst so Neues auf Ihren Fluren?
„Wir erarbeiten ein Konzept für den Gutspark Neu-Kladow. Die Villa – dort lebte einst die Mutter von Bismarck – könnte eine Außenstelle der Zitadelle werden. Gemeinsam mit dem Kulturamt könnten wir dort an der Havel Ausstellungen zeigen. Der Park wird von Architekten und Planern entwickelt, der Gastronom wird ins sanierte Nebengebäude ziehen. Vor 2021 wird da nicht passieren – aber dann wird es richtig spannend. Und in der Bastion Kronprinz bereiten wir die Ausstellung zur Festungsgeschichte Spandaus vor, da wird auch die Hakenkreuz-Glocke stehen. Sie wissen schon, die Kirchglocke aus Hakenfelde.“ – Das Gespräch führte André Görke.
- Tagesspiegel-Fotostrecke: Hier unsere Bilder aus der Zitadelle.
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Das Interview stammt aus dem neuen Spandau-Newsletter vom Tagesspiegel. Den Newsletter können Sie komplett lesen unter leute.tagesspiegel.de. Ich freue mich auf Sie!