Kultur
Kleine Heimatkunde: Das große Rätsel aus Berlin-Staaken
Veröffentlicht am 31.03.2020 von André Görke
Kleine Heimatkunde: Das große Rätsel aus Berlin-Staaken. Neu-Staaken, West-Staaken, Ost-Staaken, Alt-Staaken… alles gar nicht so leicht: Vor einem Jahr nahm uns Norbert Rauer, 1991 bis 2009 Pfarrer der Dorfkirche Alt-Staaken, an die Hand und führte uns durch die geographischen Feinheiten im Berliner Westen – hier sein Text. Offenbar habe ich nicht ganz aufgepasst, denn jetzt bekam ich wieder Mecker aus Staaken: Ich hatte in einer Mini-Polizeimeldung zwar aus der „Faschinger Straße“ noch schnell die korrekte Fachinger Straße gemacht, aber diese dann Neu-Staaken zugeordnet. Warum? Weil das Berliner Straßenlexikon Kauperts nicht genau genug ist und Google Maps die Straße dort verortet – siehe Foto oben. Tja, Pech: war offenbar falsch.
„Die Ortslage an der Fachinger Straße ist Albrechtshof zuordnen, wie sie auch lange in Stadtplänen gekennzeichnet wurde“, schrieb mir daraufhin Leser Sven Munzinger. „Als Neu-Staaken werden die ersten Siedlungsstellen bezeichnet, die außerhalb des eigentlichen Dorfes Staaken (Hauptstraße) in der Staakener Feldmark entstanden.“ Der Heimatchronist Arne Hengsbach habe 1987 geschrieben, dass es sich um das Gelände „zu beiden Seiten des Magistratsweges, am Brunsbütteler Damm und an der Spandauer Straße“ handele. Munzinger: „Wer dort aufmerksam entlang geht, entdeckt bis heute niedrige Gebäude im dörflichen Format zwischen den Neubauten.“
Und was sagt der kundige Pfarrer: „Weder Neu-Staaken, noch Albrechtshof.“ Ich habe heute den einstigen Pfarrer der Dorfkirche Alt-Staaken, Norbert Rauer, angemailt und um sein Wissen gebeten. Er schrieb mir gerade eben zurück: „Die Bezeichnungen für Ortslagen in Staaken entsprechen nicht immer der historischen Realität. Die Fachinger Straße liegt in der Eigenheimsiedlung. Dieser historische Begriff ist aber wohl heutzutage nicht anerkannt, wird aber im Umgang verwendet. Alt-Staaken liegt südlich der südlichen Bahnlinie (früher Lehrter Bahn), während sich Albrechtshof nördlich der nördlichen Bahnlinie (früher Hamburger Bahn) befindet. Auf manchen Karten steht für das Gebiet dazwischen ‚Neustaaken'“ – also wie bei Google Maps, worauf ich mich bezog. Aber, so Pfarrer Rauer, „das ist vollständig falsch. Neu-Staaken ist historisch das Gebiet Spandauer Straße, Brunsbütteler Damm bis zur ehemaligen Grenze und Magistratsweg, also alles im ehemaligen West-Berliner Teil außer der Gartenstadt. Vielleicht hat jemand die Bezeichnung ‚Neustaaken‘ nach dem Fall der Mauer aus West-Berliner Sicht eingeführt, weil das Gebiet neu dazu gekommen sei. Es ist also alles nicht so einfach und kommt ‚auf den Standpunkt an‘, wie die SED-Genossen früher zu sagen pflegten.“
Was würde er schreiben? „Wenn Sie ‚Eigenheimsiedlung‘ schreiben, liegen Sie richtig.“ Schön, jetzt haben alle was gelernt. Fototipp: Staaken in 70 Bildern – Tagesspiegel-Fotostrecke. – Text: André Görke
+++
Dieser Text stammt aus dem Spandau-Newsletter vom Tagesspiegel. 200.000 Abos haben unsere Bezirksnewsletter schon. Kostenlos lesen, Bezirk für Bezirk: leute.tagesspiegel.de
+++
Meine Themen im aktuellen Spandau-Newsletter – hier eine Auswahl
- Heerstraße: Warum zickt die Technik seit drei Wochen?
- Corona-Krise: Von Laptops, Sky-Kneipen, TXL und „St. Melitta“
- Corona-Interview morgens um 7.40: „Ich bin’s, die Chefin im Gesundheitsamt“. Ein Interview über Lob, Anerkennung und Michael Müller.
- Der Muskel brennt: Sport mit den Handballerinnen vom VfV Spandau
- Schaltet die Tast-Ampeln ab – Virengefahr! Jetzt antwortet der Senat auf die Forderung der Spandauer Fahrrad-Lobby
- Welche Folgen hat Corona für Spandaus Ruder- und Segelszene? Wasserschutzpolizei nennt Regeln.
- Ausflugstipp für Familien
- Warum der Bürgermeister Yoga macht – und was der SC Siemensstadt in der Corona-Krise damit zu tun hat
- Wau-Effekt: Spandaus Fahnder erwischen Hundesteuer-Sünder
- Bötzowbahn: Leser zeigen ihnen Fotos einer wilden Eisenbahnstrecke durch Spandau
- Spandau sagt Danke: Hier sind die Briefe zur Corona-Krise
- …das alles und noch viel mehr Bezirksnachrichten gibt es einmal pro Woche gebündelt von mir im Tagesspiegel. Hier geht es zum kostenlosen Spandau-Newsletter – in voller Länge unter: leute.tagesspiegel.de