Namen & Neues

Abriss-Ärger am Glienicker See

Veröffentlicht am 11.02.2020 von André Görke

Abriss-Ärger am Glienicker See. Kommen wir zum beliebtestem Badesee im Berliner Westen: dem Glienicker See in Kladow. Selbst die stürmischen Regennächte mit „Sabine“ haben den See nicht zu einem wilden Gewässer aufgewühlt: Der Wasserstand ist durch das aktuelle Unwetter nur um 2 Zentimeter gestiegen (Stand: heute früh, 7.15 Uhr). Das geht aus den Tagesdaten auf wasserportal.berlin.de hervor. Der Pegel sinkt seit Jahren – um 1,80 Meter seit 1970. Gut zu erkennen an den Stegen, die viel zu hoch aus dem Wasser ragen. Und darum gibt es jetzt Knatsch.

70 Stegen droht der Abriss. So viele befinden sich auf der Berliner Seite des Sees. Von dort hüpfen die Leute in den Badesee, sonnen sich auf den Holzplanken, krabbeln auf die Luftmatratze. Super Sache (für die Anwohner), deshalb klagten 35 Steg-Inhaber auch gegen die Kündigung durch das Rathaus. Ergebnis, so Stadtrat Andreas Otti, AfD: „Die Verfahren wurden alle zugunsten des Landes entschieden.“ Im März 2020 sollten die Stege geräumt werden, was aber bisher nur zwei Leute getan hätten. Das erfuhr jetzt Elmas Wieczorek-Hahn, Grüne. Quelle: Kleine Anfrage Nr. 452

Warum sollen die Stege überhaupt abgerissen werden? Die existieren schließlich nach Angaben der Bürger seit 90 Jahren. Ich bat Andreas Otti, AfD, darum, Ihnen hier  die Sicht des Rathauses zu erklären. Otti leitete mir ein Statement seiner Fachkollegin weiter. Darin heißt es: „Ich halte es für nicht besonders hilfreich, ein Statement herauszugeben, bevor Ausschussmitglieder bzw. Vortragende die Möglichkeit hatten sich zu äußern.“ Und: „Bei der Diskussion um die Stege geht es rechtlich um mehr als um ein simples ‚gefällt mir‘ oder ‚gefällt mir nicht‘. Vielmehr ist die rechtliche Situation bereits in mehreren Gerichtsverfahren eindeutig geklärt worden.“ Wer mehr wissen wolle, könne gern den Umweltausschuss im Rathaus, 12. Februar, 17 Uhr, besuchen. Hier die Tagesordnung.

Die „Bürgerinitiative Groß Glienicker See“ kämpft um die Stege. Sie hat Fotos und ihre Sicht in einer Mappe zusammengestellt – hier finden Sie den Link. Darin schreibt die Bürgerinitiative um Anjuschka Wagner und Edeltraud Jenner: „Die Seestege der privaten Anlieger dienen wirkungsvoll als schützende Barriere für die Uferbereiche: Ihr Vorhandensein verhindert, dass die natürliche Uferzone von den Badestellen und auch von der Seeseite her massenhaft betreten und dadurch in den empfindlichen und hochwertigen Biotopbereichen zerstört wird.“ Und weiter: „Das ursprüngliche Ziel der Behörde, den Uferbereich durch den Rückbau der Stege zu schützen, ist nicht mehr realisierbar und verkehrt sich in sein Gegenteil. Die Seestege bilden mittlerweile die letzten baulichen und auch psychologischen Barrieren zum Schutz des Sees.“ Die Bürgerinitiative bittet die Politik daher darum, erst einmal den Abriss der Stege auszusetzen und gemeinsam ein Pflegekonzept für den See zu erstellen.

Klo, Lagerfeuer, Party: Das See-Ufer sieht an vielen Stellen schlimm aus. Was Anwohner berichten, hört sich nicht gut an: Die Seelinie zieht sich zurück, das neue Ufer wird zerstört, Schilf niedergetrampelt, Reisig als Lagerfeuer-Material verbrannt und die Uferböschung als Klo benutzt (weil die WC-Container an der Straße echt ekelhaft sind). Die Gänse auf den zwei kleinen, gesperrten Inseln seien leider vertrieben worden, weil dort Leute mit dem Tretboot hinfahren und dort campieren und Party machen. Wer auch immer Recht hat: Klingt nach einem Dilemma, das ausufert. 131 Tage bis zum Sommerbeginn. – Text: André Görke

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