Namen & Neues

Platz der Weißen Rose: Streit und scharfe Vorwürfe

Veröffentlicht am 12.05.2020 von André Görke

Platz der Weißen Rose: Streit und scharfe Vorwürfe. In Berlin-Spandau gibt’s Zoff um eine Wiese. Es geht um die Ecke vorm „Kaufland“, wo früher das Kriegsverbrechergefängnis stand – hier ein Foto. Weil die Nazis dort immer wieder im August aufmarschieren wollen, blockiert das Bürgertum den Platz und lädt zum Picknick („Demokratiefest“). Ende 2018 entschied die BVV (also auch die CDU), dass die Wiese an der Gatower Straße „Platz der Weißen Rose“ heißen solle, mit „entsprechender Infotafel“: hier Drucksache Nr. 0971. Stadtrat Frank Bewig, CDU, kündigte hier im Januar an, dass es bis August klappen sollte mit der Umbenennung: bevor die Nazis wieder marschieren. Und Lukas Schulz, SPD, regte „zum Beispiel eine Stele“ auf der Wiese an, um „langfristig eine Erkennbarkeit des Platzes als Erinnerungsort hinzubekommen“. Gute Idee: alles hier nachzulesen.

Doch jetzt wurde es heftig: „Wehret den Anfängen“. Nachdem die Umbenennung geklärt war, wurde jetzt im Haushaltsausschuss über die Gestaltung des ‚Platzes der Weißen Rose‘ diskutiert. Ein so wichtiger Platz mit so einem Namen kann nicht nur eine Unkrautwiese sein – das sagt die Mehrheit (SPD, Grüne, Linke, FDP). Über die Art der Gestaltung und die Form der Kritik gibt es allerdings unterschiedliche Ansichten. Die Grünen um Gollaleh Ahmadi und Oliver Gellert sagen klar, aber unaufgeregt: „Die Fraktion von AfD und CDU haben gegen die Umgestaltung des neuen „Platz der Weißen Rose“ gestimmt. Zum Glück haben sie keine Mehrheit.“ SPD-Fraktionschef Christian Haß formuliert es hingegen so: „CDU und AfD als Schwarz und Braun lehnen den Antrag ab. Koalitionen von CDU und AfD werden jetzt möglich. Ich bin entsetzt.“ Und das einen Tag vor dem 8. Mai 2020, dem Tag der Befreiung von Krieg und Faschismus. „Wehret den Anfängen“, rief die SPD bei Facebook prompt hinterher. Das war selbst für Leute mit SPD-Parteibuch ein bisschen zu viel.

Die FDP sieht das etwas differenzierter. An den Spandau-Newsletter schrieb Matthias Unger: „Die FDP sieht die Notwendigkeit, den Platz angemessen herzurichten und mit historischen Hinweisen zu versehen. Die Bürgerbeteiligung bei Baumaßnahmen sind seit jeher unser Anliegen.“ Aber: „Eine konkrete Zusammenarbeit zwischen CDU und AfD ist nicht nachweisbar. Nach meiner Wahrnehmung schließt sich die AfD in ihrem Stimmverhalten oft der CDU an, weil sie selbst ein wenig orientierungslos erscheint. Nach dem Motto ‚Im Zweifel mit der CDU stimmen, da kann man nichts falsch machen.'“

Und was sagt die CDU zu den Vorwürfen? „Der Platz der weißen Rose war und ist von Anfang an Konsens in der BVV Spandau“, schreibt Thorsten Schatz, CDU. Er ist Sprecher und Vize der Fraktion (und selbst einer, der gerne mal austeilt). Schatz hatte ich gerade am Telefon: „Wir haben immer für die Umbenennung gestimmt. Allein die Frage, ob man zusätzlich zu den beschlossenen Info-Stelen noch eine Statue aufstellt, sehen wir anders.“ Dem Spandau-Newsletter schrieb CDU-Mann Schatz diesen Brief:

Im Februar 2020 haben SPD, Grüne und Linke erneut einen Antrag eingebracht (Drucksache 1658/XX). Nun soll auf dem Platz eine Stele, Statue oder ähnliches aufgestellt werden. Dafür wurde ein Beteiligungsprozess und eine Einbindung von zivilgesellschaftlichen Akteuren und Vereinen gefordert. Über diesen Antrag wurde im Haushaltsausschuss diskutiert. Und diesen Antrag hat die CDU-Fraktion Spandau abgelehnt.

Es gibt derzeit keine historischen Anhaltspunkte dafür, dass die Bewegung der Weißen Rose in Spandau oder in der Wilhelmstadt aktiv war. Anderweitige Erkenntnisse konnten die antragstellenden Fraktionen auch nicht vorbringen.

Wir lehnen es daher ab, über die bereits oben erwähnte beschlossene Infotafel bezirkliches Geld für eine Stele / Statue und einen umfangreichen Beteiligungsprozess auszugeben. Die Darstellung von Christian Haß für die SPD-Fraktion Spandau und der SPD Spandau auf ihrer Facebook-Seite irritieren daher sehr. Hier werden bewusst Falschinformationen verbreitet. Ein Vorgehen, das die Spandauer SPD eigentlich sonst immer Parteien des rechten Spektrums vorwirft. Wir verlangen hier eine öffentliche Richtigstellung und Entschuldigung.

Es ist beschämend, dass der politische Konsens hier für ein paar Likes aufgekündigt wird. An unserer Haltung, auch künftig rechtsnationale oder rechtsextreme Aufzüge zivilgesellschaftlich verhindern zu wollen, hat sich durch diesen Tiefschlag der Spandauer SPD nichts geändert. Die Spandauer CDU steht auch weiterhin zur Umbenennung der Grünfläche in den ‚Platz der Weißen Rose‘.“

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