Namen & Neues
Neuwahl, Teil II: Hinter den Kulissen
Veröffentlicht am 21.11.2022 von André Görke
Was wird auf den Rathausfluren über die Berliner Neuwahlen getuschelt? Voraussetzung in allen Gesprächen mit dem Tagesspiegel-Newsletter für Berlin-Spandau: keine Zitate, keine Namen. Hier 6 interessante Punkte und Einschätzungen aus all diesen Gesprächen rund um das Rathaus von Berlin-Spandau.
1.) Kein Laschet-Effekt. Letztes Mal hat ihn der Armin-Laschet-Effekt kurz vor der Wahl runtergerissen: Diesmal könnte Vize-Bürgermeister Frank Bewig, CDU, mehr Erfolg haben und er hat einen Vorteil im Wahlkampf: Er ist Stadtrat für Schule und Sport und kommt permanent an Eltern ran. Und er kann als CDU-Politiker immer bequem auf den Senat eindreschen – irgendwen wird er schon treffen. Als SPD- oder grüner Stadtrat geht das nicht so leicht: Das wäre sonst friendly fire bei Rot-Rot-Grün auf Landesebene. Weiteres Gerücht in der CDU: Er könnte später Kai Wegner als CDU-Kreischef in Spandau beerben.
2.) Bürgermeisterin wird wohl auch nach der Wahl Carola Brückner, SPD, bleiben – wenn es keine ganz fürchterliche Klatsche gibt. Der Grund: Die Bezirksbürgermeisterin und die 5 Bezirksstadträte werden zwar mit einfacher Mehrheit von der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) ins Amt gewählt, können aber nur mit einer Zweidrittelmehrheit wieder abgewählt werden. Gewählt wurde Brückner von einer Zählgemeinschaft mit Stimmen aus SPD, Grüne, Linke, FDP und Tierschutzpartei. SPD-Landeschef Raed Saleh wird die Partner notfalls im Land auf Linie bringen. Brückner wird im Rathaus übrigens für etwas geschätzt, was andere als Schwäche im Wahlkampf auslegen: Sie ist unaufgeregt. Und die CDU müsste selbst erstmal eine Mehrheit bekommen.
3.) Stärkste Fraktion könnte auf Bezirksebene die CDU werden – wobei, Halt!, das ist sie ja längst. Denn die eigentlich stärkste Fraktion nach der Wahl, die SPD, hat zwei Mitglieder seit der Wahl 2021 verloren. Allerdings treten diese zwei Männer laut Wahlzettel auch 2023 für die SPD an, wollen aber mit der SPD-Fraktion nichts zu tun haben. Denn es müssen die Kandidaten der letzten Wahl auf dem Zettel stehen. Kurios – und kein Einzelfall!
4.) Grüne, aber keine Grüne. Auf Platz 1 (!) des Wahlzettels bei den Grünen wird somit 2023 Elmas Wieczorek-Hahn stehen, die 2021 sogar BVV-Spitzenfrau war. Der Haken: Die Kladowerin gehört überhaupt nicht mehr der Grünen-Fraktion in Spandau an und ist im Streit gegangen. Denn sie wurde weder Stadträtin, noch Fraktionschefin. Ihr Mandat wollte sie danach nicht zurückgeben.
5.) Zuwächse könnte die AfD bekommen, die im Herbst 2021 kein Thema fand: 2023 aber naht der kalte Winter. Stabile Ergebnisse werden für die FDP erwartet, die im Bund nicht viel falsch macht. Schwer könnte es für die Tierschutzpartei werden – und die Linke. Die macht einen guten Job am Krisenort Heerstraße Nord: Aber gehen dort alle wählen? Und wo soll das Geld für einen fairen Wahlkampf herkommen?
6.) Kohle. Auf Bezirks- und Bundesebene sind alle bis ans ursprüngliche Ende der Legislatur abgesichert. Anders auf Landesebene: Da droht Abgeordneten die Abwahl im Februar 2023 und kurz danach auch schon die letzte Zahlung – das wäre dramatisch wegen laufender Mietverträge der Kiezbüros und dramatisch fürs beschäftigte Personal. Und: Wollen überhaupt alle noch mal auf Landesebene antreten?
Hier noch mal kurz die aktuelle Stärke der Spandauer Fraktionen in der BVV (insgesamt 55 Frauen und Männer).
- CDU 16
- SPD 15
- Grüne 6
- AfD 6
- FDP 4
- Linke 3
- Tierschutzpartei 3
- Einzelverordnete 2
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Dieser Text stammt aus dem Spandau-Newsletter vom Tagesspiegel. Den gibt es in voller Länge und kostenlos hier: tagesspiegel.de/bezirke.
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