Namen & Neues

Berlin muss sparen – und Spandau, Herr Bürgermeister?

Veröffentlicht am 04.12.2023 von André Görke

Alle reden vom Sparen, vorneweg CDU und SPD. Mittelfristig müssten drei Milliarden Euro pro Jahr in Berlin eingespart werden, meldeten die Landespolitiker neulich drüben in der Innenstadt. Unter anderem soll die Finanzierung der Personalkosten umgestellt werden. Außerdem will das Land seine Flächennutzung optimieren.

Schön und gut, und was sagt Spandau? Ich sprach u.a. mit Frank Bewig, CDU, der nicht nur Bürgermeister ist, sondern auch Finanzstadtrat (820-Mio.-Etat) und oberster Personalchef (2000 Angestellte in Spandau). Hier Auszüge aus dem Gespräch mit Bewig:

„Ich kann als Bezirk nicht ohne Probleme mal eben eine Million Euro im Haushalt einkürzen: Das ginge nur, wenn wir von Kür sprechen“, so Bewig und meint Dinge, die hübsch, aber eben nicht lebensnotwendig sind. Man könnte zum Beispiel die hübschen Frühblüher an der Scharfen Lanke einsparen – aber so kommt man nicht vom Fleck bei einem 820-Mio.-Haushalt.

95 Prozent so eines Bezirksetats seien unverhandelbar und „weisungsgebunden“, erklärt mir Bewig, weil damit Sozialhilfen, Unterhalt, Jugendhilfen sowie Personalkosten und Betriebskosten bezahlt werden. Spielraum: null. Mit dem Rest werden beispielsweise Seniorenclubs und Jugendfreizeitheime repariert oder neu aufgebaut, so Bewig.

„Geld könnten wir mit New Work einsparen“, so Bewig. „Allerdings nicht jetzt, sondern erst mittelfristig in drei, vier Jahren. Erst mal müssten wir viel Geld in die Hand nehmen.“ Sein Gedanke geht grob so: „Mit der E-Akte, mit Digitalisierung, Homeoffice und Shared Space können wir Büroflächen reduzieren, die wir bisher teuer in Spandau anmieten müssen. Zu diesen Kosten kommen zusätzlich noch Heizung, Strom, Unterhalt obendrauf.“

Hier mein Foto vom sanierungsbedürftigen Rathaus, das ich vom Münsingerpark aus gemacht habe.

Wie in der normalen Wirtschaft muss das Rathaus nicht 24/7 für jeden Mitarbeiter einen Arbeitsplatz mit Rechner, Telefon und Co. freihalten, wenn manche auch zu Hause arbeiten wollen und können – aber dafür braucht man elektronische E-Akten, Equipment und einen flexiblen Personalrat. Bei Bedarf könnte man dann seinen Arbeitsplatz im Rathaus buchen – so machen es längst viele Firmen. Teuer angemietete Behördenflächen könnten so reduziert werden, wie zum Beispiel an der Klosterstraße.

Spitzname: „hohler Zahn“. Der weiße Bürobau an der Klosterstraße hat nach meinen Infos beispielsweise keine Zukunft. Darin sitzen u.a. Familien- und Gesundheitsbehörden. Die Sanierung des einstigen Wohnhauses – deshalb die vielen Balkone – wäre zu teuer. Stattdessen müsste das klapprige Ding vermutlich abgerissen werden und könnte bspw. von der landeseigenen Wohnungsgesellschaft Berlinovo neu aufgebaut und vermietet werden. Das Rathaus liebäugelt sowieso mit einem mietfreien Behördenneubau anstelle der Bücherei an der Seegefelder Straße.

Eng dürfte es auch für die Wasserballarena an der Gatower Straße werden. 25 Mio. sind dafür eingeplant, 2025 sollte Baustart und 2029 Eröffnung sein – hier die erste Skizze: Doch das Landesprojekt ist immer noch nicht finanziert, der Zeitplan geht baden. Bewig kämpft für diese Halle, die als Olympiastützpunkt im Gespräch ist und die tagsüber von Schulkindern genutzt werden soll. Erinnern Sie sich an die Idee mit der Hebebühne im Becken für die kleinen Kids? In Spandau kann ja nicht immer nur Wohnraum entstehen.

„Die Wasserfreunde, ein Aushängeschild, können seit Jahrzehnten nicht in ihrer Heimat Spandau spielen, weil es keine passende Wasserballhalle gibt“, so Bewig. Die jetzige Halle in Schöneberg ist ein Sanierungsfall und wird geschlossen. Wo sollen die Wasserballer hin?

Schlusswort Bewig: „Wir müssen sparen, ja. Aber wir sollten uns alle – Bezirk und Land – mit Plänen und Vorhaben an einen Tisch setzen und uns fragen: Was wollen wir uns in Berlin leisten?“