Nachbarschaft

Veröffentlicht am 19.12.2017 von André Görke

Karsten Dierks ist 1992 nach Spandau gekommen, war 10 Jahre Pfarrer in der Ev. Kirchengemeinde Siemensstadt, 12 Jahre in St. Nikolai und ist neben seiner Leitungstätigkeit seit 2014 Pfarrer der Luther-Kirchengemeinde in der Spandauer Neustadt. Er ist der Vorsitzende im Evangelischen Kirchenkreis Spandau. Zum Kirchenkreis gehören 16 Kirchengemeinden, 24 Kirchengebäude und 54.000 evangelische Christen in Spandau.

Adventszeit in Spandau – es ist wie jedes Jahr und doch nicht so ganz. Beim Adventssingen der Kinder schallt das „Fröhliche Weihnacht überall“ so kräftig, dass sich fast das Gewölbe der altehrwürdigen Kirche hebt. Wunderbar! Doch beim Eingang in den Weihnachtsmarkt begrüßen mich Betonpoller und mahnen an das Attentat vor der Gedächtniskirche vor einem Jahr – meine Gedanken wandern zu den Opfern.

Sie wandern weiter zum Heiligabend: erstmals werden wir in unserer Luther-Kirche in der Neustadt um 10 Uhr einen Krabbelgottesdienst auf Wolldecken vor dem Weihnachtsbaum und dem Altar halten. Ob die kleinen Krabbler auch zuhören oder nur in der Kirche unterwegs sein werden?

Weihnachten ist für viele Menschen hier in Spandau in diesem Jahr auch eine Zeit der sorgenvollen Gedanken: Siemens – ein Konzern verliert sein soziales Gewissen, weitere Flüchtlingsunterkünfte entstehen, vielleicht in unmittelbarer Nachbarschaft – wie wird sich das Zusammenleben in unserem Bezirk verändern? Mir ist da nicht bang. Ein großes Fest für Ehrenamtliche im Paul-Schneider-Haus hat gerade wieder gezeigt, wie viele Menschen bereit sind etwas zu geben, sich einzulassen auf andere, zuzuhören und mitzumachen. Gemeinde oder Gemeinschaft, man kann es nennen wie man will, sie sind Quelle für Zusammenhalt und Zuversicht, für Dankbarkeit und Freude.

Wenn Heiligabend die Glocken klingen – und alleine in den evangelischen Kirchen wird über 70 Mal dazu eingeladen, die Weihnachtsgeschichte zu hören, gemeinsam zu singen und sich zu besinnen, – dann spenden sie ebenso Kraft wie die Kerzen zu Hause am Weihnachtsbaum. Für mich leuchtet in ihnen etwas vom Glanz der Weihnachtsnacht.

Als Christ erinnere ich mich daran: Wir feiern Weihnachten, dass Jesus Christus – das Weihnachtskind – Herr der Welt wird, ungeachtet aller Herrscher, die diese Welt prägen. Gott sei Dank! Seit jener Nacht in Bethlehem lebt die Hoffnung auf Gnade, Gerechtigkeit und Frieden. In ihr leben wir. Ein Gedanke, der vielleicht auch für Sie tröstlich ist.

Frohe Weihnachten! Ihr Pfarrer Karsten Dierks