Nachbarschaft

Veröffentlicht am 18.12.2018 von André Görke

Claudia Kusch, 41, Pfarrerin seit 2010 in Staaken. Für den Ortsteil steht 2019 ein großes Jubiläumsjahr bevor: Staaken war bis 1989 geteilt – die Dorfkirche stand knapp hinter der Mauer in der DDR (hier ein Foto aus West-Berliner Sicht). Die evangelische Kirchengemeinde von Kusch hat 30 Jahre nach dem Mauerfall 8000 Mitglieder und reicht von West-Staaken/Albrechtshof über den Hahneberg bis zur Großsiedlung Heerstraße Nord sowie die Wohnviertel am Brunsbütteler Damm. Wir haben Kusch gefragt, ob Sie Ihnen, den Leserinnen und Lesern des Spandau-Newsletters, ein paar Worte zum Weihnachtsfest und zum Jubiläumsjahr 2019 schreiben möchte. Sekunden später hat sie zurückgerufen: „Gerne!“. Dann hören wir ihr mal zu.

„Weihnachten wird es. Das ist unübersehbar in unserer Stadt. Es ist auch an vielen Orten zu hören, zu riechen und zu schmecken. Trotz widriger Witterungsverhältnisse, Schritttempo auf den Straßen, Staus an Baustellen und erheblicher Zugverspätungen werden sich auch in diesem Jahr wieder viele Menschen zu Weihnachten auf den Weg nach Hause machen.

Auch zu uns nach Spandau. Nicht wegen einer Steuerschätzung, sondern um sich wiederzusehen, zur Familie heimzukehren oder um einfach nur nach Hause zu kommen. Unser Bezirk hat in den Adventswochen ein anderes Gesicht. Menschen sind unterwegs, Familien mit Kindern, ein buntgemischtes Publikum unterwegs auf dem Weihnachtsmarkt in der festlich geschmückten Altstadt, zu Kirchen- oder Schulkonzerten, zu gemütlichem Beisammensein oder köstlichem Essen. Weihnachten ist nach Hause kommen, einen Ort haben, an dem man nicht erst mühsam heimisch werden muss, sondern es schon ist.

Fast 30 Jahre ist es jetzt her, dass die Mauer fiel. Die Mauer teilte unseren Bezirk und riss Familien auseinander. Ich bin sicher, dass sich einige von Ihnen an diese Zeiten erinnern. Die Dorfkirche Alt-Staaken stand im Mauerstreifen. Das Zusammenwachsen zu einem Staaken dauerte seine Zeit. Heute verlaufen die Grenzen in Spandau nicht mehr zwischen Ost und West, vielmehr sind es soziale Spannungen, die mit Einkommensverhältnissen zu tun haben. Und ausgerechnet Kinder sind davon am meisten betroffen.

In den letzten drei Jahren haben Menschen in Spandau ihre Türen weit geöffnet und viele Menschen willkommen geheißen. Menschen, die aus ihrer Heimat aus unterschiedlichsten Gründen fliehen mussten. Menschen, die ihr Zuhause und ihre Familien zurücklassen mussten. Ich freue mich, dass es so viele Spandauer gibt, die sich privat oder in Initiativen engagieren, dass diese Menschen ein neues Zuhause in unserem Bezirk finden können. Weihnachten ist eine Geschichte des Anfangs. Mit einem Kind geht es los, mit einem Bündelchen Mensch, zur Welt gekommen am Rand der Stadt, am Rand der damals bekannten Welt. Doch nur wenige Tage nach der heiligen Nacht im Stall mussten Maria, Josef und Jesus fliehen. Schon die erste Weihnacht verbindet Menschen verschiedener Herkunft miteinander.

Als die Mauer fiel, fielen sich Menschen in die Arme, die einander nicht kannten, sich nie zuvor begegnet waren. Man kam aus seinen Wohnzimmern heraus und ging auf die Straße. Sektkorken knallten. Advent und Weihnachten ist eine Zeit, in der sich Türen öffnen. Zu den geöffneten Türen wünsche ich Ihnen ein weit geöffnetes Herz, das Ihre Freude und Herzenswärme in die Dunkelheit strahle. Ich wünsche Ihnen fröhliche und gesegnete Weihnachten.“

Gottesdienst: Heiligabend, 18 Uhr, mit Pfarrerin Claudia Kusch in der Dorfkirche in der Hauptstraße. Infos hier. Mehr Gottesdienste in Spandau finden Sie unter diesem Link (evangelisch) sowie unter diesem Link (katholisch).