Nachbarschaft

Veröffentlicht am 08.10.2019 von André Görke

Cdufifhj fdoihodsf…. Sorry, mir ist gerade die Kinnlade runtergefallen und liegt jetzt auf der Tastatur. Ich habe einen Fotoschatz aus Spandau entdeckt – ich bin ganz baff.

Der Fotograf und seine 18.000 Bilder. Darf ich Ihnen Rolf Goetze vorstellen? Er war Fotograf aus Berlin und wurde 67 Jahre alt, gestorben 1988. Goetze lief mit seiner Kamera herum und fotografierte den Alltag einer gekränkten Stadt: West-Berlin. Viele kennen seine Bilder aus der Innenstadt, aber noch faszinierender: seine Foto-Raritäten vom Stadtrand – aus Staaken, Wilhelmstadt, Kladow oder von Altstadt, Havel, Glienicker See. Es ist faszinierend, wie es dort zwischen den 50ern und 80ern aussah. 18.000 Farb-Dias hat das Stadtmuseum mit Lotto-Geldern erwerben können und diese Fotos vorbildlich im Netz aufbereitet, Bild für Bild.

Sie sehen den alten DDR-Todesstreifen, das Heß-Gefängnis in Wilhelmstadt, Trümmer und Autos in der Altstadt. Sie entdecken die alte Fähre nach Tegel, Ausflugsgaststätten und kleine Bäume vor Kirchen, die heute riesengroß sind… Sie werden sich in diese Bilder verlieben. Geben Sie mal „Spandau“ auf der Seite sammlung-online.stadtmuseum.de ein. Drei Foto-Beispiele darf ich Ihnen heute im Newsletter zeigen – unten in der Rubrik „Kiezkamera“.

Sein Berlin, seine Zigarrenkisten. „Ich hatte vor Jahren das Glück, noch zwei Zeitzeuginnen zu erreichen und habe dadurch auch Bilder, die Goetze selbst zeigen“, erzählte mir jetzt Ines Hahn. Sie ist die Leiterin der Fotografischen Sammlung im Stadtmuseum. „Rolf Goetze war so was wie ein Urberliner und als Urberliner fand er die Teilung der Stadt gar nicht gut. Das war auch eine der Motivationen für seine Lichtbildvorträge zur Geschichte und Gegenwart Berlins.“ Sie erinnert sich: Er bewahrte die Sammlung in 125 thematisch sortierten Zigarren-Kästen auf – hier ein Foto. „Es ist bemerkenswert, dass er, trotz Zeiten politischer Teilung, sowohl West-Berlin als auch den Ostteil der Stadt und die Umgebung Berlins fotografisch abgebildet hat.“

Sein Leben, sein Rias – und der Tagesspiegel. Goetze wurde 1941 zur Wehrmacht einberufen. Dort war er Filmberichterstatter, geriet bei der Schlacht um die Hafenstadt Brest in der Bretagne in US-Kriegsgefangenschaft. Er gab Englisch-Unterricht, gründete eine Theatergruppe und betreute als Sprecher den Lagerfunk. 1946 kehrte er nach Berlin zurück und ging zum Rias – als Dramaturg, Hörspielautor und Berlin-Kenner. Er blieb bis in die 70er und schrieb auch Artikel für New Yorker Zeitungen und den Tagesspiegel. 1972 wurde er Programmdirektor der Urania. 1988 starb Goetze in Celle.

Und Ihre Bilder? Es war großes Glück für Berlin, dass jemand in die Zigarrenkisten guckte und sich die Mühe machte, im Museum anzurufen. Heute fotografieren wir alles ratzfatz mit dem Handy, speichern es auf dem Rechner, fertig. Aber was ist mit Opas verstaubter Fotokiste, wenn Opa mal nicht mehr ist? Werfen Sie diese Kisten nicht einfach weg. Das Stadtmuseum ist an Sammlungen – gern komplette Fotoalben, bevor diese zerfleddert auf dem Flohmarkt landen – interessiert. Kontakt: info@stadtmuseum.de

Meine Lieblingsfotostrecken vom Tagesspiegel aus Spandau sind diese hier (mit gekauften Bildern von Fotoagenturen oder mit Erlaubnis von Newsletter-Lesern).

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Diesen Text haben wir dem neuen Tagesspiegel-Newsletter für Berlin-Spandau entnommen. Den gibt’s in voller Länge (und kostenlos) hier: leute.tagesspiegel.de