Nachbarschaft

Veröffentlicht am 11.02.2020 von André Görke

Biber, wie geht’s dir? Neulich hatte ich über die kaputten „Dialog-Displays“ in Spandau berichtet und nebenbei das ulkige „Biber“-Display in Haselhorst erwähnt – hier ein Foto. An der Rhenaniastraße steht so ein Ding seit 2008. Es fordert Autofahrer auf, bitte langsam zu fahren – Biber kreuzt Fahrbahn. Wer sich ans Tempolimit hält, kann das Wörtchen „Danke“ lesen. Tagesspiegel-Leserinnen und -Leser schrieben mir, dass auch dieses Gerät in Haselhorst Schrott sei („Technik geklaut“) und der Biber sowieso nicht mehr auftauche. Oha, wo ist der Biber? Ich habe gleich bei Derk Ehlert angerufen. Er ist der Berliner Wildtierbeauftragte. Sie kennen ihn: Ehlert hat uns mal die Wildnis auf Insel Imchen in Kladow beschrieben, wo Waschbären und Kormorane kämpfen.

Lebt der Biber noch in Haselhorst? „Oh ja, und es ist nicht nur einer. Das sind bis zu fünf Tiere – übrigens eine der ältesten Berliner Biberfamilien, die wir in der Stadt kennen. Haselhorst ist ein kleines Biber-Paradies an der Havel. Auf der einen Seite der Rhenaniastraße das wilde Schutzgebiet, also die Nahrungsquelle – und auf der anderen Seite der Rohrbruchteich. Und in der Mitte verläuft die kleine Straße auf einem alten Damm. Da muss der Biber immer rüber.“

Ist es ein Geheimnis, wo das Tier genau lebt? „Nein, kein Geheimnis. Die Biber leben unter anderem in der Mitte des Rohrbruchteichs, auf der Insel. Sie sehen ihn nur selten. Er hat den Zugang zu seiner Biberburg unter Wasser. Die Burg hat er in die Böschung gebaut mit Küche, Schlafzimmer, Ruheraum.“

Wann sollten Familien mal vorsichtig gucken gehen? „Jetzt ist die beste Jahreszeit. Die Bäume sind kahl, kein Blatt stört den Blick. Tagsüber schlafen die Biber, aber in der Dämmerung sind sie unterwegs, aktuell so gegen 19 Uhr – also nicht so spät wie im Sommer. Die sind, zumindest in Spandau, auch gar nicht scheu. Gefährlich sind vor allem Hunde.“

Die Hunde töten die Biber? „Es gab zumindest schwere Verletzungen.“

Und die anderen Feinde? „Der noch größere Feind sind Bakterien- und Virenerkrankungen. Und die Schleuse in Spandau! Die ist tödlich, deshalb müssen die Biber den Graben rund um die Zitadelle nutzen.“

Wie gefährlich sind die Autos? „Früher sind dort an der Rhenaniastraße sehr viele Biber gestorben, die nach Hause wollten. Deshalb gilt abends in der Dunkelheit ein Fahrverbot für Autos. Halten sich offenbar viele dran, ich habe lange nichts mehr von toten Bibern an dieser Stelle gehört.“

Nebenan entsteht ein Neubaugebiet für 10.000 Leute und eine Brücke für Busse und Radfahrer. Können Sie die Biber nicht umsiedeln? „Klar, könnten wir – bringt aber nichts. Dieses Revier ist wie eine frisch renovierte Altbau-Wohnung mit Südwest-Balkon für 50 Euro im Monat… da kommen sofort andere Biber und machen es sich gemütlich. Dieser Rohrbruchteich ist ein idealer Lebensraum für Biber. Er toleriert stehende Gewässer, baut vor allem bei stark unterschiedlichen Wasserstandshöhen seine Burgen.“

Was essen die Biber eigentlich? „Sie sind reine Vegetarier.“

Und was essen die im kalten Winter? „Blätter, Rinde, Triebe, so was. Sie haben Vorräte unter Wasser und im Bau angelegt, aber die sind zum Frühjahr langsam leer. Also interessieren sie sich für die jungen Zweige und Äste. Das Problem: Die Tiere sind schwer, bis zu 30 Kilo, haben eine große Schwanzkelle – die können nicht auf Bäume klettern. Also müssen sie den Baum fällen, um ihn ernten zu können. Im Sommer greifen sie zu eher flachen, jungen Trieben am Ufer.“

Wie viele Biber gibt es in Berlin? „Insgesamt über 100. Überall dort, wo sie gut aus dem Wasser kommen. Die Tiere müssen nach etwa drei Kilometern immer wieder an Land gehen, um ihr Fell einzufetten. Spundwände wie an vielen Abschnitten in der Spree und Havel können daher für sie eine Gefahr sein.“

Sie haben vom Biber in Haselhorst geredet, Sie kennen auch den Biber auf Insel Imchen in Kladow. Haben Sie noch einen Tipp? „In Spandau nicht, aber wir haben am Café am Neuen See in Tiergarten eine sehr bekannte Biberfamilie. Auf der Liebesinsel am Plänterwald leben auch viele Tiere. Und die kleine Insel Bullenbruch haben sie jetzt auch erobert. Machen Sie mal einen Ausflug dahin.“ – Text: André Görke

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