Nachbarschaft

Veröffentlicht am 08.09.2020 von André Görke

Hans-Georg Guyot, 83, Gärtnermeister aus Berlin-Kladow.

Im Frühjahr ist einer der bekanntesten Gärtner der Stadt gestorben. Der Hof von Hans-Georg Guyot in Kladow war das Ausflugsziel vieler Familien, weil es dort Blumen, Natur und ganz viel Weite gab: wichtig in der Mauerstadt. Guyot selbst hatte in den 50-ern aus der DDR rübergemacht. Familie Guyot, das verrät der Name, hatte einen französischen Ursprung. Die Wurzeln liegen im Ortsteil „Französisch Buchholz“ in Pankow, wo es auch eine Guyotstraße gibt. Die Gärtnerei in Kladow gibt es noch immer; dort veranstaltet Sohn Hans-Jürgen seit 1994 auch Partys. Im April berichtete ich hier im Spandau-Newsletter über den Tod des Gärtners.

„Schlendrian war verpönt. Von früh bis spät wurde gearbeitet. Viel Geld brachte der Gemüseanbau nicht ein. Möhren, Radieschen, Petersilie, Schnittlauch, bald kostete die Kiste mehr als das, was drin war“, schreibt jetzt Gregor Eisenhauer in seinem großen Nachruf auf Gärtner Guyot im Tagesspiegel. „Richtig aufwärts ging es erst Anfang der 70-er, als Ehefrau Siegrid und Hans-Georg sich auf Zierpflanzen konzentrierten. Geranien um die 35.000 Stück, Alpenveilchen um die 20.000, dazu Tulpen und Nelken, die Felder und Gewächshäuser standen voll, denn damals wollte jeder seinen Balkon zieren und was Schönes in die Vase stellen. Hans-Georg hatte ein Händchen für Technik, und sein bester Freund war Maurer, so konnten sie die meisten Bauarbeiten selbst machen. Auch die Kellerbar; die war das Epizentrum all der Partybeben, die Kladow an gesetzlichen wie ungesetzlichen Feiertagen erschütterten. 50 Leute passten in die Bar nach der Erweiterung, und wenn Andrea Berg sang, klang der Chor der Feiernden noch zahlreicher.“

Auch am Grab wurde Andrea Berg gespielt. Einen kleinen Kuemmerling als letzten Gruß bekam der Gärtner mit ins Grab. Weil viele Freunde und Weggefährten sich wegen der Corona-Krise nicht alle auf dem Friedhof versammeln durften, wird es im Oktober noch eine Abschiedsfeier in Kladow geben für den Gärtner am fernen Stadtrand, den so viele in unserer Stadt kannten.

  • Den kompletten Tagesspiegel-Nachruf können Sie unter diesem Link lesen.
  • Die Flüchtlinge aus der DDR: Hier erzähle ich Ihnen die Geschichte, wieso auf den Feldern von Kladow überhaupt so viele Bauern aus der DDR landeten: Tagesspiegel-Newsletter.
  • Tagesspiegel-Fototipp. Meine Fotostrecke mit 70 Bildern zu Kladow finden Sie hier. – Text: André Görke

+++
Dieser Text stammt aus dem Tagesspiegel-Newsletter für Berlin-Spandau. Die Tagesspiegel-Newsletter für die 12 Berliner Bezirke gibt es in voller Länge und kostenlos unter leute.tagesspiegel.de
+++
Mehr Themen im aktuellen Spandau-Newsletter vom Tagesspiegel – hier eine Auswahl

  • So viele Armutsbegräbnisse in Spandau: Die Zahlen, die Gründe und der Termin für den neuen Gottesdienst
  • Neue Busspuren: Die Termine, die Problemfälle und Ideen für die Wasserstadt
  • WC-Posse vom Metzer Platz: Kann das Urinal verdeckt werden?
  • Neues vom X34: Die BVG redet Klartext zur Landstadt Gatow
  • Berlins beliebter Badesee: Mit dem Bus 234 zum Glienicker See? Das sagt die BVG
  • Abriss zweier Parkhäuser in Staaken – und dann?
  • Stößenseebrücke: Legendäre Bauzaun ist jetzt auch Thema bei „Extra3“
  • Öko-Discounter am Askanierring
  • Schulreinigung: Stellt Spandau eigenes Putzpersonal ein?
  • Umbau oder Sanierung: Eltern der CSO schreiben Frust-Brief
  • Festival of Lights – an einem Tag auch in Spandau
  • Ausstellung: 100 Jahre Spandau bei Berlin – nein, falsch! Berlin bei Spandau
  • U-Bahnhof Ruhleben: Passiert da was am gesperrten Radweg?
  • Open-Air-Kino: Heiße Suppe gegen die Kälte – hier kommen die kulinarischen Tipps der Kino-Chefin
  • Gemeinsame Sache: Hier sind meine Tipps von Südpark bis Insel Eiswerder – machen Sie mit?
  • …das und noch viel mehr persönliche Tipps, Termine, konkrete Bezirksnachrichten, Kiez-Ideen im Tagesspiegel-Newsletter für Berlin-Spandau. Den gibt es kostenlos von mir und in voller Länge unter leute.tagesspiegel.de