Nachbarschaft

Veröffentlicht am 20.07.2021 von Masha Slawinski

Laura Larsson ist Podcasterin, Influencerin und Radiomoderatorin. Ursprünglich kommt sie aus Parchim, einer Kleinstadt in Mecklenburg-Vorpommern. Vor zehn Jahren, nachdem sie bereits in Parchim eine Ausbildung zur Bibliothekarin abgeschlossen hatte, zog sie nach Berlin. Zuerst jobbte sie in der Filmbranche und studierte Kultur- und Medienwissenschaft an der Humboldt-Universität. Nach einem Radiopraktikum in den Semesterferien kehrte sie nie wieder an die Uni zurück und absolvierte ein Volontariat beim Jugendsender Kiss FM. Vor zwei Jahren ist sie mit ihrem Mann Nils Hansen nach Spandau gezogen.

Bekannt wurde sie durch den Comedy-Podcast Herrengedeck, den sie seit fünf Jahren gemeinsam mit Ariana Baborie moderiert. Baborie lernte sie bei ihrer Ausbildung bei Kiss FM kennen. Der Podcast wurde mehrfach mit Preisen ausgezeichnet, zuletzt mit dem Deutschen Comedypreis 2020. Vor zwei Wochen verkündete das Podcastduo, dass es nach fünf Jahren keine weitere Staffel mehr geben wird, weil man sich neuen Projekten widmen wolle. Darüber sprachen wir mit Laura Larsson:

Wie geht es dir, etwa eine Woche nach der Verkündigung des Aus eures Podcasts? Boah, ich bin etwas traurig und denke öfter drüber nach. Dadurch, dass ich auf Instagram Nachrichten von Menschen bekomme, die schreiben ‚oh Gott warum hört ihr denn auf‘, werde ich immer wieder daran erinnert. Ich habe zwar verstanden, dass es passiert ist, aber weil noch zwei Folgen anstehen, fühlt sich das nicht so endgültig an. Sobald keine Aufnahmen mehr stattfinden, ich durch die Stadt laufe, mir eine Story einfällt und dann denke “ah, das musst du für den Podcast erzählen” und merke ,ach ja, den gibt´s ja gar nicht mehr‘, da wird es ein bisschen hart. 

Hat die Zusammenarbeit in den vergangenen fünf Jahren eure Freundschaft verändert? Bestimmt. Also wir haben uns bei dem Radiosender, wo wir unsere Ausbildung gemacht haben, kennengelernt und dann im Grunde sofort mit dem Podcast angefangen. Die Freundschaft ist in Form des Podcasts gewachsen. Wir sind uns währenddessen näher gekommen. Das ist aber auch das, was das Ende so schwer macht. Mir werden die Aufnahmen sehr fehlen, weil man selten eine Person findet, mit der es so flowed. Gerade ich als Person, die aus dem Radio kommt, weiß, wie schwer es ist, dass zwei Menschen so gut harmonieren, dass sie sogar noch Menschen unterhalten können, die dabei gerne zuhören. So eine Person trifft man nicht oft im Leben.

Ist es schwierig, dass Menschen, die dich nicht wirklich kennen durch die Podcastfolgen so viel private Details über dich wissen? Schwer ist es nicht. Ich bin ja recht offen mit dem, was ich teile und finde es zum Beispiel wichtig, über seine Schwächen zu sprechen. Es freut mich, wenn Menschen dann antworten: “Danke, dass du teilst, dass du es auch nicht auf die Reihe bekommst, Sport zu machen.” Es ist immer schön, wenn das Leute abholt und ich ihnen ein besseres Gefühl gebe. Aber dadurch haben Leute öfter das Gefühl, mich gut zu kennen. Teilweise stimmt das, aber natürlich gibt es ganz viel von mir, was das Internet nicht kennt. Zum Beispiel, wie ich in meiner Familie oder in meiner Beziehung bin. Ich entscheide nämlich schon bewusst, was ich erzähle. Und dann ist ein komisches Gefühl, wenn fremde Leute im Internet einem Ratschläge geben. Das ist die negative Seite, aber die positive Seite überwiegt,

Also kriegst du bei Instagram mehr positive Nachrichten? Ja! Ich würde sagen, zu 95 Prozent erreichen mich durchweg liebe und witzige Nachrichten. Fünf Prozent sind mal nicht so nett oder nerven. Leider habe ich das Gefühl – und ich glaube, da bin ich nicht alleine – dass der Mensch so gepolt ist, dass er sich kritische und negative Sachen mehr zu Herzen nimmt.

Hast du Strategien entwickelt, damit umzugehen? Das fällt mir immer schwer. Ich lese schon gerne die Nachrichten und wenn ich so eine Zahl von ungelesenen Nachrichten in der App sehe, macht mich das ein bisschen wuschig. Aber es gibt so Situationen im Leben, da ist man in der Familie, oder im Urlaub und da sag ich dann auch zu mir selbst: “Ey Laura, tu dir den Gefallen und lies es nicht. Du bist im Hier und Jetzt und es ist immer noch das Internet.”

Aber du bist nicht hauptberuflich Instagrammerin? Auf gar keinen Fall. Das ist nicht das, womit ich mein Geld verdiene. Also klar, wenn man so eine Reichweite hat – wobei ich weiß, dass es Leute mit viel mehr Reichweite gibt – hat man die Chance, mal eine zu Werbung machen, für die man Geld bekommt. Aber das mache ich super selten. Ich sehe mich nicht als Instagrammerin, sondern eher als Person, die manchmal was im Internet macht.

103.000 Menschen, die dir folgen. Ich finde das viel. Ja, schon. Es ist trotzdem nur eine Zahl. Als es mit Herrengedeck so los ging und wir als Podcast so gewachsen sind, sind auch unsere Instagramaccounts gewachsen. Das ging ja relativ schnell. Als ich 19.000 Abonnent*innen auf Instagram hatte, dachte ich mir: ,Das sind genau so viele Follower*innen, wie Parchim, mein Heimatort Einwohnende hat‘. Und da dachte ich mir: ‚okay, das ist irgendwie ganz schön krass‘. Und jetzt sind es noch viel mehr!

Deine Liebe zu deinem Heimatort ist immer wieder Thema im Podcast. Hatte das Einfluss auf deine Entscheidung vor zwei Jahren, nach Spandau zu ziehen? Ja, da gibt es übrigens viele Witze von Freunden auf meine Kosten, die in Berlin wohnen und behaupten, Spandau sei nicht mehr Berlin. Ich sehe das anders und will da immer gerne eine Lanze dafür brechen. Den Hype um Bezirke, dass man sich durch seinen Bezirk definiert, verstehe ich sowieso nicht. Man zieht dahin, wo man es hübsch findet und eine gute Wohnung kriegt. Mein Mann Nils kommt aus einem noch kleineren Ort als ich, der liegt in Ostwestfalen. Er lebt seit fünf Jahren in Berlin, ich seit zehn Jahren. Wir sind beide nie so richtig in Berlin angekommen. Es war alles zu viel und zu groß, was ja ganz viele Menschen lieben. Ich hab’s nie so richtig doll geliebt und Parchim immer mehr vermisst. Freunde von uns sind dann nach Spandau gezogen und wir haben sie im Sommer besucht und da dachte ich mir so ,hä, wie krass ist das denn, das gehört zu Berlin?‘ Spandau hat eine U-Bahn-Anbindung nach Berlin rein und trotzdem findet ein Kleinstadtleben mit Marktplatz statt. Wir haben dann eine ganz tolle Wohnung gefunden, die man in Berlin-Mitte so gar nicht bezahlen könnte.

Hast du das bekommen, was du dir von Spandau erhofft hast? Nein. Ich sag mal so: Nicht Spandau, aber meine Vorstellung hat den Zauber verloren. Wenn man im Bezirk groß geworden und dort mit seinen Freunden zur Schule gegangen ist, ich glaube, das muss das Beste der Welt sein. Man hat die Möglichkeit, schnell in Berlin zu sein und dieses Großstadtleben zu leben, hat aber in Spandau seine Kleinstadt mit seinen Leuten. Aber dieses Gefühl fehlt mir, das hat nie so funktioniert, dass man durch die Straßen geht und alle kennt und grüßen kann. Das habe ich nur in Parchim. Während des Lockdowns war ich viel in Spandau und sehr froh darüber. Ich liebe es, dass die Havel so nah ist und es gibt viel Wald. Ich arbeite auch viel aus dem Home-Office auf dem Balkon und leb da so den Sommer, aber immer eher für mich alleine. Ich wusste von Anfang an: Wenn ich nach Spandau ziehe, wird mich keiner mehr besuchen. Und genau so ist es auch.

Also ist Spandau nur eine Station? Ja. Mein Mann und ich möchten in der Zukunft ein Haus bauen und ich hatte immer den Wunsch, nach Parchim zurückzuziehen. Der Next Step ist glaube ich eher Parchim.

Wie geht es beruflich für dich weiter? Das ist noch nicht so ganz offiziell. Ich fange in Köln bei einem Radiosender an. Es dauert aber noch, bis diese Sendung an den Start geht und deswegen kann ich erst Genaueres sagen, wenn der Sender es offiziell verkündet hat.

  • Foto: Philipp Gladsome

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