Nachbarschaft
Veröffentlicht am 27.06.2022 von André Görke

Franz Plehn ist der Bienen-Experte in Berlin-Spandau. Er ist Vorsitzender im „Imkerverein Spandau“, der seinen Sitz neben der Försterei von Spandaus neuem Förster Christian Eckert in Hohengatow hat. 120 Imker gehören dem Verein an. Hier im Newsletter spricht Plehn über seine Bienen im Garten von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, die Fehler des Bezirksamtes und wie Sie den Bienen in Spandau helfen können. Weiter unten sehen Sie ihn auch ohne Schutzvisier.
Lieber Herr Plehn, wie oft wurden Sie schon gestochen? „Nach Überschlagsrechnung: ca. 250 Mal“
Essen Sie eigentlich jeden Morgen Honig auf dem Brötchen? „Nein. Aber ich trinke ihn vor dem Frühstück mit einem Schluck Apfelessig und warmem Wasser. Ein Jahrhunderte altes Hausrezept. Guter Honig entspricht den vom DIB, also vom Deutschen Imkerbund vorgegebenen Regeln. Zum Beispiel soll der Wassergehalt kleiner als 18 % sein.“
Sie sind Vorsitzender des „Imkervereins Spandau“. Kurz und knapp für uns Laien: Was macht Ihr Verein? „Bildungsmaßnahmen mit Schwerpunktsetzung auf die Bienen, ihre Lebensweise, Vielfalt und Bedeutung für die Umwelt und den Menschen, Ausbildung von Neuimkern. Und wir stehen für die praktische Umsetzung einer artgerechten und zeitgemäßen Bienenhaltung mit dem Ziel, durch deren Bestäubungsleistung die biologische Vielfalt in Natur und Landschaft Berlins zu erhalten.“
Sie haben in Hohengatow einen „Lehrbienenstand“. Wie viele Bienen leben da? „Dort leben etwa 50 Bienenvölker.“
Und wie viele sind das so? „40.000 Bienen pro Volk.“
Und was machen Sie mit denen? „Die dienen neben dem Sammeln von Nektar und Pollen der Ausbildung von Neuimkern und der Nachzucht von Bienenköniginnen.“
Wo kann man den Gatower Honig kaufen – und nach was schmeckt er? „Den Gatower und Spandauer Honig kann man bei Imkern kaufen, die sich auf der Website des Imkervereins als Honigverkäufer haben listen lassen – hier ist der Link. Auf den Geschmack darf man gespannt sein!“
Herr Plehn, jetzt mal generell: Wie geht es den Bienen in Spandau? Und was stört Bienen in Spandau? „Die Bienen finden in der Natur Spandaus in der Regel paradiesische Zustände vor. Sie leben wie die Made im Speck. Es gibt Pollen und Nektar vom Frühling bis in den Spätsommer. Leider werden immer noch vom Grünflächenamt zur Unzeit Aufträge vergeben, so dass Flächen zu früh gemäht werden oder, wie kürzlich geschehen, Robinien mitten in der Blütezeit heftig beschnitten werden. Dabei blühen sie nur 2 bis drei Wochen – man hätte also warten können. Und: Die Spandauer Bienen fürchten sich in jedem Jahr zur Zeit der Lindenblüte vor zuwandernden Bienen der Großimkereien aus allen Teilen der Republik. Das führt durchaus zur Futterknappheit und birgt die Gefahr von eingeschleppten Krankheiten wie der Amerikanischen Faulbrut.“
Wie kann ich denn den Bienen helfen in Spandau? „Die Honigbienen in Spandau benötigen kaum Hilfe von Laien. Was die Gärten angeht: Bitte mehr heimische Sträucher und Blumen mit ungefüllten Blüten pflanzen bzw. sähen. Und unbearbeitete Ecken vorsehen, in denen Wildbienen, Igel und anderes Getier Unterschlupf findet. Was nützen Insektenhotels, wenn die Wildbienen keine Nahrung finden?“
Herr Plehn, kurz zu Ihnen: Warum machen Sie das, was Sie tun? „Ich bin Imker seit ca. 20 Jahren, habe derzeit 12 Völker. Die Schulimkerei auf der Insel Scharfenberg habe ich begründet. Meine prominentesten Völker stehen derzeit im Schlossgarten Bellevue beim Bundespräsidenten. Für den Vorsitz im Imkerverein Spandau e.V. habe ich mich zur Verfügung gestellt, um nach dem Arbeitsleben eine sinnvolle Aufgabe wahr zu nehmen. Und ein wenig Verantwortung mit zu tragen für den Erhalt unserer Natur, besonders der geheimnisvollen und spannenden Welt der Insekten.“
Und was haben Sie sonst mit Spandau am Hut? „Nach Spandau bin ich vor 25 Jahren von Brüssel kommend umgesiedelt. Dabei hat es mich mit meiner Familie nach Hakenfelde verschlagen. Damals ein verträumter Wohnbezirk, heute mit urbanem Gewusele.“
Die Politik liest mit: Ihre 3 konkreten Wünsche ans Rathaus/an die Politik? Erstens… „Ich wünsche mir von den zuständigen Menschen im Bezirksamt, dass sie immer mal wieder in der Strategie zum Schutz und zur Förderung von Bienen und anderen Bestäubern in Berlin aus dem Jahr 2019 blättern. Natürlich, wie oben erwähnt, wünsche ich mir, dass Korrekturen in der Natur mit Umsicht ausgeführt werden. Außerdem wünschen wir Imker uns Unterstützung bei der Verabschiedung des Ausführungsgesetzes zum Tiergesundheitsgesetz, das eine einheitliche Bekämpfung der Amerikanischen Faulbrut verspräche. Für den Lehrbienenstand wäre es wichtig, dass auf dem benachbarten Grundstück der Försterei ein seit vielen Jahren geplantes Betriebsgebäude errichtet wird – es wurden dafür 180.000 Euro bereitgestellt, aufgrund verpeilter Planung wurde das Geld aber wieder eingezogen. Dort wären auch Räumlichkeiten für den Verein vorgesehen.“
Und ihr Lieblingsplatz in Spandau? „Mein Lieblingsplatz ist der Marktplatz in der Altstadt. Dort kann man zwischen Marktständen bummeln, bei einem Kaffee verweilen und am Verkaufsstand des Imkervereins Honig verkosten und erwerben.“ – Fragen: André Görke
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